Es ist ein Vorgehen, das heute in der Uhrenindustrie genauso gang und gäbe ist wie im Immobiliensektor vor einem Jahrzehnt. Dabei geht es darum, eine heißt begehrte Uhr bei einem autorisierten Händler zu kaufen, um diese unmittelbar auf dem Secondhandmarkt wieder zu verkaufen – mit enormen Gewinn.
Im Englischen gibt es für diese Art der Investoren, die nur auf den extrem schnellen Gewinn aus sind, den Ausdruck Flipper.
Bestimmte Stahlsportuhren von Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet werden heute gar nicht mehr im Schaufenster ausgestellt, sondern von den Einzelhändlern direkt an treue Stammkunden verkauft.
Dies hält jedoch eine Armee von Flippern nicht davon ab, gezielt Auschau nach diesen Unicorns der Uhrenwelt zu halten. Wenn sie sie bekommen, verkaufen sie sie mit einem Aufschlag von 100 Prozent und mehr.
Eines von vielen Beispielen ist eine gebrauchte „Nautilus 5711 / 1A-010“ von Patek Philippe aus dem Jahr 2016 mit einen einem empfohlenen Verkaufspreis von 27.550 €. Dese wird aktuell mit Original-Verpackung, Original-Papieren und zweijähriger Garantie auf Watchfinder für 58.640 € angeboten.
Der Tourbillon Blog Tick-Talk, ist zurzeit auf der Dubai Watch Week und verfolgte heute morgen eine Debatte mit dem Titel „Making the Watch List“. Diese gab einen seltenen Einblick in die Reaktion der Branche auf ein Problem, von dem manche meinen, dass es die Luxusuhrenindustrie untergräbt.
Mohammed Seddiqi, Chief Commercial Officer von Ahmed Seddiqi & Sons (siehe Bild oben), einem der renommiertesten Luxusuhrenhändler der Welt und autorisierter Händler für praktisch alle großen Uhrenmarken der Branche, ließ mehrere hundert Kunden und Journalisten hinter die Kulissen blicken und sprach darüber, wie die Branche das Problem der Wartelisten angeht.
„Es ist eine große Herausforderung. Die Leute regen sich auf. Aber Sie müssen ihrem Händler die Treue halten“, antwortete er auf die Frage, wie man auf eine Warteliste für Uhren wie „Nautilus“ und „Aquanaut“ von Patek Philippe, „Daytona“, „Submariner“ „GMT Master“ von Rolex oder „Royal Oak“ von Audemar Piguet kommt.
„Einige Referenzen – gar nicht mal so wenige – haben eine Warteliste von zwölf Jahren. Wir wissen nicht einmal, ob diese Uhren nach dieser Zeit überhaupt noch produziert werden“, räumte Seddiqi ein.
Einen autorisierten Händler davon zu überzeugen, ihnen diese Uhren zu verkaufen, ist ein Fulltime-Job für eine Armee von Flippern. Einzelhändler und Marken arbeiten hart daran, das Problem in den Griff zu bekommen.
So ist es zum Beispiel üblich, dass Rolex-Händler Garantiekarten für zwei Jahre zurückhalten. Tick-Talk hat Tresore für die Aufbewahrung dieser Garantien gesehen. Das ist ihre Sicherheit, damit die Uhren nicht sofort wieder mit einem riesigen Aufschlag weiter verkauft werden.
Mohammed Seddiqi sagte, dass Ahmed Seddiqi & Sons überlegt hatte, ebenfalls Garantie-Karten zurückzuhalten, sich jedoch dann dagegen entschieden hat, da es kaum möglich sei, Kunden vor dem Kauf entsprechend beurteilen zu können.
Zum ersten Mal gab er auch bekannt, dass einige Uhrenmarken, die er nicht nannte, den Sekundärmarkt geradezu durchsuchen und überwachen, um solche Spekulanten und Flipper ausfindig zu machen. Die Ergebnisse melden sie dann an die Händler, die die Uhr ursprünglich verkauft hatten.
„Die Marke informiert uns, wenn sie feststellen, dass eine Uhr unmittelbar nach dem Kauf mit einem riesigen Gewinn weiterverkauft wurde. Wenn wir diese Information haben, setzen wir diese Käufer auf eine schwarze Liste. Sie werden nie wieder in der Lage sein, eine Uhr von uns zu kaufen“, erklärte Seddiqi.
Tick-Talk: „Keine Marke wird jemals diese Praxis bestätigen, aber die Enthüllung eines so angesehenen Händlers wie Ahmed Seddiqi schon.