Swatch-Chef Nick Hayek sitzt auf seinen Uhrwerken und will für eine Lösung im Streit um Uhrwerke Hand bieten.
Anfang 2020 hätte auf dem Markt für mechanische Uhrwerke eine neue Ära beginnen sollen: Der freie Wettbewerb hätte endlich die jahrzehntealten monopolistischen Strukturen ablösen sollen. Darauf hatte eine einvernehmliche Regelung zwischen der ehemaligen Monopolistin Swatch Group und der Wettbewerbskommission (Weko) abgezielt, die Ende 2019 ausgelaufen ist. Diese Regelung sah vor, dass die Swatch Group ihre dominierende Marktposition von 2013 bis 2019 schrittweise abbaut, um danach frei am Markt agieren zu dürfen.
Gekommen ist es anders: Obschon die Swatch Group ihre Stellung wie geplant abgebaut hat und es mit der Firma Sellita mittlerweile eine Konkurrentin gibt, die mehr als doppelt so viele Uhrwerke an Drittfirmen liefert, hat die Weko den Konzern nicht in die unternehmerische Freiheit entlassen. Wie die Behörde kurz vor Weihnachten mitteilte, will sie sich ein weiteres halbes Jahr Zeit nehmen, um die Marktsituation genau zu analysieren. Sie sei sich noch nicht ganz sicher, ob der Wettbewerb nicht wieder zum Erliegen komme, wenn die Swatch Group keinen Lieferbeschränkungen mehr unterliege. Bis dahin darf der Konzern keine neuen Verträge mit Kunden eingehen. Dieses Vorgehen der Weko stösst in der Uhrenbranche auf grosses Unverständnis, denn der vertagte Entscheid bedeutet, dass die Swatch-Group-Tochter ETA vorläufig keine mechanischen Uhrwerke mehr an Dritte liefert.
Nick Hayek, der CEO der Swatch Group, kann die Ängste der Weko nicht nachvollziehen. Es sei absurd, zu glauben, sein Konzern wolle das Geschäft mit Uhrwerken wieder dominieren, wenn er doch in den vergangenen Jahren alles darangesetzt habe, diese marktbeherrschende Stellung abzubauen. Um seinen Argumenten Nachdruck zu verleihen, erklärt sich Hayek sogar bereit, neue Auflagen zu akzeptieren. Wenn die Weko das Verfahren nun rasch abschliesse, würde er, quasi als vertrauensbildende Massnahme, sogar Lieferobergrenzen akzeptieren. Diese könnten so gesetzt werden, dass der Marktanteil der Swatch Group unter einem Drittel bleibe.
Hayeks Vorschlag könnte die Basis für eine rasche Lösung in einem Verfahren legen, das sich sonst über Gebühr in die Länge zieht. Dass die Weko mit ihren Marktabklärungen nicht rascher vorwärtskommt, hat nämlich nicht allein mit der Komplexität des Marktes zu tun. Es ist zum Teil der Tatsache geschuldet, dass seit Anfang 2019 nicht mehr nur die Swatch Group in dem Verfahren Parteistellung hat, sondern auch deren schärfste Konkurrentin Sellita.
Anders als die Swatch Group hat Sellita nicht nur ein Interesse daran, dass die Weko den Fall gut löst. Für sie ist es auch von Vorteil, wenn sich das Verfahren verzögert, denn je länger die Swatch Group Auflagen befolgen muss – insbesondere, wenn sie jetzt gar nicht mehr liefern kann –, desto besser für sie. Wenn sich die Weko nun nochmals sechs Monate Zeit lässt mit ihrem Entscheid, spielt dies einzig Sellita in die Hände, während sowohl die Swatch Group als auch diverse ihrer Kunden in ihrem Geschäftsgang behindert werden.