Donnerstag , 25 April 2024
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Baselworld bastelt an der Zukunft und kämpft mit Altlasten – finanziell und personell

Die vom grössten Privataktionär AMG Fondsverwaltung, Erhard Lee, Ende Januar 2020 einberufene ausserordentliche Generalversammlung blieb ohne Ergebnis. Lee fordert mehr Transparenz sowie eine Sonderprüfung zur Strategie der Messe, auch wenn er dies Rechtlich durchsetzen muss. Denn die bisherigen Fehlinvestitionen verursacht durch Missmanagement sorgen täglich für neue Verluste in Millionenhöhe.

Lee macht sich Sorgen mit Recht. Nicht prognostizierte 170 Millionen, sondern 190 Millionen beträgt der ausgewiesene Verlust der Baselworld 2019.
Der 39 Fragen beinhaltende Katalog der AMG Fondsverwaltung, dem grössten Privataktionär der MCH Group, wurde von der MCH beantwortet und erklärt. Eine Sonderprüfung zur Strategie der Messe lehnt die MCH strikt ab. Man will sich nicht in die Karten schauen lassen.

Erhard Lee, der mit seinem Fonds die ausserordentliche Generalversammlung einberufen hatte, und als schärfster Kritiker der Messe-Strategie gilt, hat letzte Woche in der BaZ gesagt, dass er mit seinem Antrag wohl scheitern würde, er danach aber eine Klage einreichen wolle.

Wie lange ist Vischer noch für die MCH tragbar?

Dr. Ulrich Vischer, langjähriger Verwaltungsratspräsident der MCH Group, wolle einen Verkauf der Livemarketing-Lösungen also die PR-Veranstaltungen prüfen, und wolle dagegen verstärkt auf Eigenmessen setzen. Lee fühlte sich nicht genug in die Pläne eingebunden. Für Vischer sei ein Verkauf der Sparte “Livemarketing-Lösungen” leidglich eine Option, die er keinesfalls präferierte. Man suche nun neue Investoren auf Gruppenebene, die frisches Geld bringen sollen, um keine Sparte zu veräussern. Mit einer Kapitalerhöhung und einer Änderung der Statuten, was die Zusammensetzung des Verwaltungsrates betrifft, könnten private Aktionäre gestärkt werden – sollten sich die Kantone bei einer Kapitalerhöhung dagegen entscheiden, neue Wertpapiere entsprechend ihrem Anteil zu verkaufen.

Ungereimtheiten bei Ulrich Fischer

Ulrich Fischer ist ins Visier der Basler Finanzkontrolle geraten. Er hat allein in einem Jahr 33’000 Franken Nebeneinkünfte nicht an den Kanton abgeliefert. Er hatte es “vergessen” zu deklarieren. Regierungsräte haben die Pflicht, Nebeneinkünfte zu deklarieren. Nun steht er im Visier der Finanzkontrolle (Fiko). Mehrfach intervenierte Vischer in Stellungnahhmen gegen eine aus seiner Sicht unfaire Behandlung durch die Fiko. Dies ist jedoch nur die Spitze eines Eisbergs, denn Vischer ist vollumfänglich für das MCH / Baselworld Desaster verantwortlich und müsste freiwillig die Konsequenzen ziehen, bevor er gezwungen wird zurückzutreten. Mehr darüber.

Die Messe braucht echte Visionäre, keine Verwalter

Bei der Baselworld, die den Aufbau einer Community in den letzten 15 Jahren verschlafen hat, will man einen kostenpflichtigen digitalen Showroom kreiiern. Es soll eine Plattform entstehen, die sich weniger wie eine klassische Messe am System “Business to Business” orientiert, sonderm mehr am einzelnen Kunden. Bernd Stadlwieser, Baselworld CEO, betont: “Das gibt es natürlich schon – aber ohne grossen Support der Uhrenhersteller. Wir wollen das ändern, und es gibt positive Signale.” Das ist aber Leichter gesagt als umgesetzt. Während etwa die Luxusmarke Rolex, die auf ein Händlersystem setzt, ein grosses Interesse daran haben dürfte, haben Marken mit vielen Flagshipstores andere Bedürfnisse, die es miteinzubeziehen gilt.

Die Entwicklung der “klassischen Messen und Events zu Plattformen und Communities”, wie die MCH Group das ziemlich sperrig nennt, ist also mit vielen Unwägbarkeiten konfrontiert. Für Basel heisst das, es soll zwar weiterhin für Wertschöpfung gesorgt werden, der Blick geht aber auch stark in die Ferne; digitale Plattformen und Communities kennen keine Grenzen.

Grosses Hallenverscherbeln

Die Hallen dagegen sind für den Eigentümer ein finanzieller Kraftakt. Stadlwieser sagt sogar: “Vielleicht ist die öffentliche Hand der bessere Besitzer”. Die Messehalle 3 und das Musical Theater wurden zwischenzeitlich verkauft. Über weitere Verkäufe von Hallen will die Messe nicht sprechen.

Beim Knatsch um die zukünftige Ausrichtung der kriselnden MCH Group ist also noch kein Ende in Sicht. Auch darum, weil die Messe in ihrem Antwortskatalog zähneknirschend riesige Verluste darlegen muss.

Von Flop zu Flop

Die Luxusautomesse “Grand Basel” war ein Flop, das Defizit beträgt 27,8 Millionen Franken, die Abschreiber bei der Infrastruktur stehen mit zusätzlichen 6,8 Millionen zu Buche. Die Beteiligung am Palais Beulieu in Lausanne kostete der Messe 35,6 Millionen. Addiert man noch die Sanierung der Pensionskasse (9 Millionen) und die Rückstellungen (6,1 Millionen), wird deutlich, wie gross die Schieflage ist. Man hat sich überschätzt, das Potential dieser Veranstaltungen völlig falsch beurteilt. Wie viel die Akquisitionen gekostet haben: Das verriet die Messe mit dem Verweis auf das Geschäftsgeheimnis übrigens nicht.

About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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