Freitag , 29 März 2024
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Flipper geht es an den Kragen

Schwarze Listen gegen «Uhren-Flipper»

Besonders «clevere» Kunden, die begehrte Zeitmesser nach dem Kauf gleich wieder mit grossem Profit verkaufen, kommen seit neuestem weltweit auf schwarze Listen der Uhrenhersteller und Uhrenfachhändler.

Wenn es gelingt, ist es ein todsicheres Geschäft. Ein Geschäft mit einer Rendite von 100 Prozent oder mehr. Und ein Geschäft, dass die exklusivsten Schweizer Uhrenmarken zur Weissglut treibt. Die Rede ist vom «Flipping». Unter diesem Stichwort ist in der Uhrenindustrie die Praxis bekannt, «heisse» Uhren – vor allem Sportuhren aus Stahl von Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet – von einem autorisierten Händler zu kaufen und sie sofort auf dem Sekundärmarkt mit einem riesigen Gewinn zu verkaufen.

Eigentlich sind gewisse Modelle gar nicht zu haben

Die betroffenen Marken tun alles, um das «Flipping» zu unterbinden. So sind die besonders begehrten Modelle auch bei den grössten Händlern eigentlich nie ausgestellt. Grundsätzlich können nur jahrelange, loyale Kunden eines Händlers solche Uhren-«Unicorns» überhaupt bekommen – teils nach jahrelanger Wartezeit. Nur wer während dem Warten ordentlich Geld für andere Luxusuhren locker macht, hat überhaupt eine Chance auf das, was er eigentlich haben will.

Dennoch gelingt es den «Flippern» regelmässig, irgendwo auf der Welt an die heisse Ware zu kommen. Und diese verkaufen sie dann mit grossem Gewinn auf Plattformen wie Watchbox, Watchfinder oder Chrono24. Gerne zum doppelten Preis oder mehr.

Nun hat, erstmals ein renommierter Uhrenhändler – Mohammed Seddiqi, Chief Commercial Officer von Ahmed Seddiqi & Sons – an der Dubai Watch Week öffentlich Einblick in die Methoden gegeben, die Retailer zusammen mit Marken anwenden, um das «Flipping» zu verhindern.

Die Garantie-Karte gibt es erst später

So sei es in Grossbritannien zum Beispiel üblich, dass Rolex-Händler die Garantiekarten der Uhren zwei Jahre lang nicht an den Kunden aushändigten. Ohne die Garantie ist jede Secondhand-Uhr deutlich weniger wert. Auch Ahmed Seddiqi & Sons habe überlegt, diese Praxis einzuführen, sich aber dagegen entschieden. Stattdessen arbeite man daran, die eigenen Kunden vorzuqualifizieren, bevor sie die heissesten Uhren kaufen könnten. Eine Art Scoring für Uhren-Freaks.

Ebenso bestätigte Seddiqi, dass diverse Uhrenmarken den Secondhand-Markt ganz genau überwachen würden. Sie seien stets auf der Suche nach «Flippern», um ihnen das Handwerk zu legen. Enttarnte «Flipper» würden an die Händler gemeldet. Und diese würden schwarze Listen führen. «Solche Leute werden nie wieder eine Uhr bei einem autorisierten Händler kaufen können.»

Versteckter Aufruf zur Denunzierung

Nicht nur Seddiqi geht gegen die Plage der «Flipper» vor. Auch grosse internationale weltweit agierende Retail-Chains wie zum Beispiel Bucherer und Gübelin wollen hart durchgreifen, denn sie wollen das Geschäft selbst machen. Gewisse Uhrenfachgeschäfte versuchen auch Koppelgeschäfte zu machen, damit man an die begehrten Unicorns kommen. So zum Beispiel erhält man die Unicorns nur dann, wenn man Schmuck im sechsstelligen Bereich mitkauft oder bei Rolex teure Goldausführungen mit Diamanten.
Die Blacklist von Rolex zum Beispiel ist eine Info zur Vermeidung an den Verkauf «unbekannter Wiederverkäufer». «A man with a watch knows what time it is. A man with two watches is never sure.»

Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie uns Ihre Erfahrungen mit «Flippern» via unserem Whistleblower Button mitteilen könnten. Anonym und diskret.

About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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