Uhren-Flipper leben zukünftig gefährlich, denn Uhrenhersteller wie Patek, Rolex & Co haben den Uhren-Flipper den Kampf angesagt. Die Flipper werden von beiden Seiten angegriffen: seitens Hersteller und seitens Handel. Wie dies konkret aussehen soll, darüber hüllen sich alle in grosses Schweigen. Die Details sind dem Autor bekannt, er hat sich zum Stillschweigen respektive zur Geheimhaltung verpflichtet.
Wir kennen die Situation: Bestimmte Stahlsportuhren von Rolex, Patek Philippe oder auch Audemars Piguet werden heute gar nicht mehr im Schaufenster ausgestellt, sondern von den Einzelhändlern direkt an treue Stammkunden verkauft. Dies hält jedoch eine Armee von Flippern nicht davon ab, gezielt Auschau nach diesen Unicorns der Uhrenwelt zu halten. Wenn sie sie bekommen, verkaufen sie sie mit einem Aufschlag von 100 Prozent und mehr. Eines von vielen Beispielen ist eine gebrauchte „Nautilus 5711 / 1A-010“ von Patek Philippe aus dem Jahr 2016 mit einen einem empfohlenen Verkaufspreis von 27.550 €. Dese wird aktuell mit Original-Verpackung, Original-Papieren und zweijähriger Garantie auf Watchfinder für 58.640 € angeboten.

Patek Philippe sucht im Internet nach sogenannten Flippern
Thierry Stern, Präsident von Patek Philippe, hat in mehr als einem Interview in den letzten zwölf Monaten erklärt, er wolle das Angebot der gefragtesten Uhren der Marke erhöhen, um die Preise auf dem Sekundärmarkt zu entlasten.

Er werde außerdem Maßnahmen ergreifen, wenn sich herausstellt, dass einer der autorisierten Händler des Unternehmens Uhren an sogenannte als Flipper bezeichnete Wiederverkäufer veräußert, die die Uhren zu Einzelhandelspreisen kaufen, nur um sie über Webseiten wie Chrono24 mit enormen Gewinnen wieder zu verkaufen.
In einem Interview mit Robin Swithinbank für die New York Times offenbarte Stern nun, dass Patek Philippe sich nicht so sehr um das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Stahluhren wie „Nautilus“ oder „Aquanaut“ sorge. Vielmehr mache man sich Gedanken darüber, wie man es schaffen kann, dass Kunden, die ihre Patek beim autorisierten Händler kaufen, diese auch behalten.
Denn, die steigenden Preise auf dem Primärmarkt hätten das Kundenprofil von Patek Philippe verändert. „Wir verlieren so viele Menschen, die Uhren lieben, weil sie es sich nicht mehr leisten können”, so Stern. „Wir gewinnen aber auch eine ganz neue junge Generation, die sehr erfolgreich ist, viel Geld verdient und bereit ist, in eine Patek zu investieren.“ Und dies sollte beim autorisierten Händler geschehen.
„Wir kaufen jedes Jahr viele Uhren vom Sekundärmarkt zurück, weil wir wissen wollen, warum eine Uhr dort zum Verkauf steht”.
Philippe Stern, Patek Philippe
„Wir kaufen jedes Jahr viele Uhren vom Sekundärmarkt zurück, weil wir wissen wollen, warum eine Uhr dort zum Verkauf steht”, sagte Stern der New York Times weiter.
Anhand der Seriennummern kann das Unternehmen dann feststellen, welcher autorisierte Händler die Uhr ursprünglich verkauft hat. Aber es sei schwierig nachzuweisen, dass Flipper und Geschäft beim Weiterverkauf einer Uhr gemeinsame Sache machen.
„Vielleicht sind manchmal die Einzelhändler dabei. Wenn ich den Beweis habe, dann handle ich“, warnt Thierry Stern.
Der Verlust einer Patek Philippe-Konzession wäre für einen autorisierten Händler eine Katastrophe. Daher ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Inhaber von Juwelier-Geschäften selbst beteiligt sind. Stattdessen ist davon auszugehen, dass sie erhebliche Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass keine Mitarbeiter zur Zusammenarbeit mit Flippern verführt werden.
Rolex Schwachstelle 6000 – 7000 Mitarbeiter weltweit wird “versiegelt”
Graumarkt ist für Rolex ein Tabu-Thema. Rolex verweigert sich dem Onlinehandel – noch. Eine eindeutige Verschiebung der Verkaufskanäle sehen hingegen die Analysten von Morgan Stanley. Demnach werden die eigenen Onlineshops der Uhrenmarken in zehn Jahren ein Viertel des Umsatzes erwirtschaften, während der Anteil der Markenboutiquen auf 18 Prozent steigen werde – zum Leidwesen der Uhrenhändler. Konzessionäre wären also gut beraten, online den direkten Weg zum Kunden zu suchen.
Rolex kontrolliert wie keine andere Uhren Marke (und vielleicht keine andere Marke überhaupt) Angebot und Nachfrage auf allen ihnen verfügbaren Wegen.
Es scheint für Uhrenliebhaber, egal ob Einsteiger oder nicht, praktisch unmöglich die begehrten Rolex Modelle – sei es eine Hulk, eine Daytona oder inzwischen auch einfach nur eine klassische schwarze Submariner – zum regulären Listenpreis zu kaufen. Es müssen teilweise 10, 50 oder sogar fast 100% auf die unverbindliche Preisempfehlung von Rolex aufgeschlagen werden, wenn man nicht eine Menge Geduld mitbringt.
Hulk Daytona Batman Pepsi
Was alle Rolex-Vertragshändler unbedingt vermeiden wollen, ist, dass sie eine der begehrten Uhren an einen „Flipper“ verkaufen. Also an jemanden, der sie für den schnellen Profit umgehend weiterverkauft. So ist es zum Beispiel üblich, dass Rolex-Händler Garantiekarten für zwei Jahre zurückhalten.
Deshalb wählen viele Flipper den Weg über Rolex Mitarbeiter, wobei auch hier jede Ausgabenummer nachverfolgbar ist. Weltweit hat Rolex geschätzte 7000 – 8000 Mitarbeiter im Unternehmen. Im Jahr werden geschätzte 950’000 Uhren produziert. Allein in Biel, wo Rolex seine Werke fertigt, sind über 2000 Mitarbeiter beschäftigt und 100 unterschiedliche Berufe vertreten.
Szenen wie diese, dass bekannte Automobile von bekannten Uhren Flippers regelmässig in der Nähe von Rolex Produktionsstandorten wie Biel, Genf, etc. parkieren, dürfen nicht mehr vorkommen.
Jean-Frederic Dufour, Buddy von Jean-Claude Biver, seit Juni 2015 CEO bei Rolex, wird bei diesem Thema sehr wortkarg. Er reiht sich damit in die Reihe derer ein, die den Rolex Mythos in der Vergangenheit pflegten.

„Das ist der beste Job, den die Uhrenbranche zu vergeben hat. Und ich freue mich jeden Tag auf die vielfältigen Aufgaben.“
Jean-Frédéric Dufour, Rolex CEO
Audemars Piguet setzt auch nach der Krise auf Verknappung
Die Produktions- und Betriebszentrale von Audemars Piguet in Le Brassus war Ende April mit nur 30 von 800 Mitarbeitern besetzt. Dennoch wurde während des Lockdowns in der Schweiz infolge der weltweiten Corona-Pandemie keiner der Mitarbeiter entlassen und die Marke unterstütze seine wichtigsten Lieferanten.

„Um den Wunsch (nach Luxus) aufrechtzuerhalten und das Interesse der Menschen weiter zu wecken, müssen wir uns alle neu erfinden. Für alle großen und kleinen Marken wird dies unvermeidlich sein. Aber um das zu schaffen, müssen wir in der Lage sein, die harten Fakten zu akzeptieren. Und die harten Fakten sind, dass der Umsatz für alle sinken wird.“
Audemars Piguet CEO François-Henry Bennahmias
Uhrenliebhaber (und Flipper) hoffen, dass es etwas einfacher wird, eine „SS Royal Oak“ zu bekommen, wenn der Umsatz in diesem Jahr sinkt. François-Henry Bennahmias denkt jedch nicht, dass das Angebot die Nachfrage einholen wird.

„Wir hatten vor der Krise nicht genügend Lagerbestände. Jetzt haben wir zwei Monate lang geschlossen und werden nach und nach wieder anfangen. Wir haben uns nicht das Ziel gesetzt, unseren Produktionsverlust aufzuholen. Im Gegenteil, wir wollen die Seltenheit unserer Produkte bewahren.“, so Bennahmias zu TICK-Talk.
“Die letzten zwei Jahre waren wirklich hart, weil es uns einfach an Uhren fehlte, die Nachfrage zu bedienen. Aber dazu müssen eben auch die Voraussetzungen geschaffen werden, was gutes Personal und Produktionsstätten angeht. Wir sind jetzt so weit. Und ob wir am Ende des Jahres auf 44.000 oder 45.000 Uhren steigern, werden wir sehen. 2022 könnten es 50.000 sein. Immerhin bauen wir auch gerade eine neue Manufaktur an unserem Heimatstandort in Le Brassus”, setzt Bennahmias fort.
Letzes Jahr sei die Umsatz-Marke von 1 Milliarde geknackt worden.
Die Verknappungs-Strategie von Audemars Piguet giesst “Öl ins Feuer” respektive respektive spielt den “Uhren Flipper” zu. Dass da Unmut beim Konsumenten aufkommt, wenn er die Uhr, die er kaufen will, nicht offiziell bekommt, ist naheliegend. Somit erscheint der Eindruck, dass Bennahmias die Tätigkeit der “Uhren Flipper” befürwortet.
“Wir können es uns nicht leisten, dass ein Kunde irgendwo unzufrieden ist, und wir wissen vielleicht gar nichts davon”.
François-Henry Bennahmias, CEO Audemars Piguet
„Wir wissen sehr gut, dass unser Umsatz in diesem Jahr niedriger sein wird, und wer weiß, vielleicht auch im nächsten Jahr? Wir müssen das akzeptieren und uns stattdessen darauf konzentrieren, den wahrgenommenen Wert der Marke langfristig zu erhalten“, erläuterte Bennahmias. „Wir wissen bereits, dass wir für 2020 Geschäftsverluste erleiden werden. Jetzt arbeiten wir an 2021, 2022.”