Dienstag , 19 März 2024
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Das langsame Sterben der Schweizer Kultuhr «Swatch»

Anstatt die ikonische Swatch mit einer Smartwatch ins digitale Zeitalter zu führen, haben die Macher hinter der Kultuhr den Anschluss ans digitale Zeitalter verpasst. Weltweit sinken die Verkaufszahlen.

Die Zeiten sind vorbei, wo man alleine nur die Zeit von einer Uhr ablesen will. Design und die Farbe alleine geraten immer mehr in den Hintergrund, der Konsument – die Generation Z – will Zusatzfunktionen wie Herzfunktionen, Tagesleistung, Kalorienverbrauch und vieles mehr zu messen. Viele sogenannte smarte Uhren haben die Technologien dazu längst eingebaut. Digitale Zeitmesser wie Apple Watch werden zu persönlichen Trainern, die so viel mehr als nur Zeit anzeigen und mit Design zu bestechen versuchen.

Diesen schon vor Jahren eingeleiteten Trend scheinen die Macher der Schweizer Kultmarke Swatch verschlafen zu haben. Der Beweis dafür, dass das Angebot nicht länger die Nachfrage deckt, liegt in den Verkaufszahlen. Einst rettete die billige Plastikuhr die Schweizer Uhrenindustrie. Doch obwohl Swatch nach wie vor mit poppigen Designs und guten Preisen zu bestechen versucht, lassen die Konkurrenz und neue Gewohnheiten die einstige Kultmarke alt aussehen.

Olivier Müller: «Heute ist die Marke Swatch tot.»

Schon vor dem Wirtschaftsknick des Lockdowns sagte der Waadtländer Uhrenexperte Oliver Müller: «Heute ist die Marke Swatch tot.» Im gleichen Atemzug fährt er fort: «Nick Hayek wird es nie zugeben.» Hayek (65) leitet die von seinem legendären Unternehmervater Nicolas (1928-2010) übernommene Swatch Group. Das ging auch gut, so lange die ikonischen Zeitmesser aus Plastik noch Trends setzen konnten und konkurrenzlos waren.

Olivier Müller: «Nick Hayek wird es nie zugeben!»

Abwärtsspirale

Nicht nur, dass die traditionelle Kundschaft inzwischen mit Swatch gealtert ist, wie die «SonntagsZeitung» analysiert. Auch veränderte Gewohnheiten setzen der Marke zu. Das neue Handy ist cooler als die bunte Uhr. Die Smartwatch zeigt überdies auch Gesundheitsfunktionen, Wetterberichte, persönliche Nachrichten und vieles mehr an. Zu einem Preissegment, in dem die teureren Swatch-Uhren angesiedelt sind.

Wie viele Swatch-Uhren jährlich noch verkauft werden, ist unklar. Der Konzern gibt keine detaillierten Verkaufszahlen preis. Laut Schätzungen der Bank Vontobel ging der Umsatz mit Swatch-Uhren von rund 720 Millionen Franken im Jahr 2012 auf rund 400 Millionen im letzten Jahr zurück.

«Swatch stehe nicht kurz vor dem Ende,» wird Finanzanalyst René Weber von der Bank Vontobel zitiert, der als Kenner der Uhrenindustrie gilt. Weber ist gleichzeitig an der Uhrenplattform WatchAdvisor beteiligt, der Österreicher Alexander Linz, Head of Content bei WatchAdvisor ist sein Buddy

In den 90er Jahren wurden jeweils mehr als zehn Millionen Stück verkauft. Laut Hayek seien es gegenwärtig noch fünf Millionen jährlich. Eine Zahl, die Uhrenexperte Müller für überzogen hält. Er spricht von noch zwei Millionen – eine Zahl, die Swatch sofort dementieren liess. Und das war vor den Unruhen in Hongkong und der Corona-Pandemie, die den wichtigsten Verkaufsmarkt von Swatch lahmlegten.

Hayeks Smartwatch

Onlinehandel soll die Swatch retten und damit auch dem angeschlagenen Konzern unter die Arme greifen. Swatch stehe nicht kurz vor dem Ende, wird Finanzanalyst René Weber von der Bank Vontobel zitiert, der als Kenner der Uhrenindustrie gilt. Doch angesichts der geringeren Anzahl von Läden sei es umso wichtiger, den elektronischen Handel zu forcieren.

Potthässlich: Die Smartwatch Tissot T-Touch Connect Solar mit dem Prädikat “nicht haben wollen”

Im Mai bekräftigte ein nach aussen wie immer unbeeindruckter Hayek: «Leute haben immer Lust, zu konsumieren.» Gerade in Fernost herrsche enormer Nachholbedarf und die Verkaufszahlen würden in der zweiten Jahreshälfte anziehen. Den allgemeinen Abwärtstrend hatte Hayek jedoch schon vor Jahren erkannt. Unter wachsendem Druck der Konkurrenz gab der Chef der Swatch Group bereits 2016 ein Versprechen ab, eine Smartwach zu liefern.

Das Versprechen löste er diesen März mit der Tissot T-Touch Connect Solar ein. Die Corona-Krise verzögerte den Verkaufsstart. Die Uhr ist mittlerweile für knapp 1000 Franken im Handel. Bei Hayeks Smartwatch, deren Entwicklung 35 Millionen Franken gekostet haben soll, handelt es sich um eine hybride Uhr, die nach wie vor über ein normales Zifferblatt und Zeiger verfügt. Mit Smartwatches wie der Apple Watch ist die smarte T-Touch kaum zu vergleichen, denn der Tissot Smartwatch fehlt der Design-Aproach und Tissot ist kein «Object of desire». Hätte Hayek die 35 Millionen Schweizer Franken Entwicklungskosten in die eine Swatch Smartwatch investiert wäre die Ikone Swatch heute wieder in aller Munde.

About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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One comment

  1. Habe heute nach vielen Jahren eine Swatch erhalten und zwei Stunden später wieder nach dem joggen einen Wasserschaden. Ich bin so erschüttert . 200 Euro weg und nur eine Stunde Spaß. Warnung an alle die das Wort SWATCH erwähnen. Spart euren Einsatz 100mal, so könnt ihr euch ein richtiges Schweizer Qualitätsprodukt leisten!!! Mir tut es einfach nur weh weil der Obrigkeit mein Wehklagen am a…. vorbei geht. Schon traurig wenn nur ein Armband das wenigstens sehr gut gebaut ist übrig bleibt. Das man auch leider nicht für andere Uhren verwenden kann. Danke Swatch…und stirb recht schnell, dass Du andere Käufer nicht mehr enttäuschst.

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