Gestern gaben der französische Luxusgüterkonzern LVMH und Tiffany unabhängig voneinander Mitteilung zur geplanten Übernahme des US-Juweliers heraus, die massive Zweifel aufkommen lässt, ob der Deal überhaupt noch über die Bühne gehen wird.
Eigentlich sollte der Deal laut Vetrag in Höhe von 16,2 Milliarden US-$ bereits am 24. August besiegelt werden. Allerdings nutzte Tiffany eine vertraglich vereinbarte Option und verschob die Frist bis zum 24. November.
LVMH schreibt in seiner Pressemitteilung:
„Nach einer Reihe von Ereignissen, die die Übernahme von Tiffany & Co untergraben, ist der Vorstand von LVMH zusammengekommen, um die Situation im Zusammenhang mit der geplanten Investition im Lichte dieser jüngsten Entwicklungen zu überprüfen.“
LVMH
Das Unternehmen teilte mit, dass es vom französischen Außenministerium in einem Schreiben dazu aufgefordert worden sei, die Übernahme bis nach den 6. Januar zu verschieben. Als Grund sei eine Androhung der USA, auf Produkte aus Frankreich zusätzliche Zölle zu erheben.
„Darüber hinaus nahm der Vorstand zur Kenntnis, dass Tiffany & Co. beantragt hat, das Datum im Fusionsvertrag vom 24. November bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern“, heißt es in der Pressemitteilung.
Der LVMH-Vorstand hat nun beschlossen, sich an die Bedingungen des ursprünglichen Vertrages zu halten. Denach müsste der Deal spätestens bis zum 24. November abgeschlossen sein.
„Beim gegenwärtigen Stand der Dinge wäre die Gruppe daher nicht in der Lage, die Übernahme von Tiffany vorzunehmen.“
Tiffany verklagt LVMH
Tiffany erhebt nun schwere Vorwürde und hat Klage vor dem Court of Chancery des Bundesstaates Delaware gegen LVMH eingereicht.
„Die Klage macht nicht nur deutlich, dass LVMH gegen seine Verpflichtungen bezüglich der Erlangung der kartellrechtlichen Genehmigung verstößt, sondern widerlegt auch die Aussage von LVMH, dass sie den Abschluss der Übernahme vermeiden kann, indem sie behauptet, dass Tiffany gegen seine Verpflichtungen aus dem Fusionsvertrag verstoßen hat oder dass die Transaktion in irgendeiner Weise mit patriotischen Pflichten als französisches Unternehmen unvereinbar ist“, lautet die deutliche Formulierung in der offiziellen Tiffany-Mitteilung. „Gemäß den Bedingungen des Fusionsvertrages übernahm LVMH das gesamte Kartellabfertigungsrisiko und alle finanziellen Risiken im Zusammenhang mit ungünstigen Branchentrends oder wirtschaftlichen Bedingungen. Darüber hinaus ist LVMH verpflichtet, alles Notwendige zu tun, um alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen so schnell wie möglich zu erhalten.“
Weiter behauptet Tiffany: „Bis zum 24. August 2020 hatte LVMH in drei der erforderlichen Jurisdiktionen noch nicht einmal die kartellrechtliche Genehmigung beantragt. Da alle anderen Bedingungen für den Abschluss an diesem Tag erfüllt waren, entschied sich Tiffany dafür, das äußere Datum bis zum 24. November 2020 zu verlängern. Dieses verlängerte Außendatum ist nun jedoch weniger als drei Monate entfernt, und LVMH hat noch immer keine formellen Anträge auf kartellrechtliche Genehmigung in der Europäischen Union oder Taiwan gestellt, und in Japan und Mexiko sind noch immer Anträge ausstehend, was alles auf die konzertierten Bemühungen von LVMH zurückzuführen ist, den Erhalt von behördlichen Genehmigungen in diesen Gerichtsbarkeiten unter Verletzung des Fusionsvertrags zu verzögern oder zu vermeiden.“
Roger N. Farah, Vorsitzender des Tiffany-Verwaltungsrates, sagte: „Wir bedauern, dass wir diese Maßnahme ergreifen müssen, aber LVMH hat uns keine andere Wahl gelassen, als zum Schutz unseres Unternehmens und unserer Aktionäre einen Rechtsstreit anzustrengen. Tiffany ist zuversichtlich, dass es alle seine Verpflichtungen gemäß der Fusionsvereinbarung erfüllt hat und sich verpflichtet, die Transaktion zu den im letzten Jahr vereinbarten Bedingungen abzuschließen. Tiffany erwartet dasselbe von LVMH.“
Angeblich habe LVMH erst vorgestern den US-Juwelier über den Brief des französischen Außenministerums informiert, der das Datum vom 31. August trägt, in dem das Unternehmen zu einer Verschiebung des Deals über den 6. Januar 2021 hinaus auffordert.
„Wir glauben, dass LVMH versuchen wird, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um den Abschluss der Transaktion zu vereinbarten Bedingungen zu vermeiden. Aber die Fakten sind, dass es nach französischem Recht keine Grundlage für den Außenminister gibt, ein Unternehmen anzuweisen, einen gültigen und verbindlichen Vertrag zu brechen. (…) Da uns außerdem nicht bekannt ist, dass irgendein anderes französisches Unternehmen einen solchen Antrag erhalten hat, ist es um so klarer, dass LVMH unclean hands hat.“
Roger Farah, Vorsitzender des Tiffany Verwaltungsrats
„Trotz fehlender vertraglicher Grundlage hat LVMH Tiffany mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, der Bitte der französischen Regierung nachzukommen und den Abschluss der Transaktion bis zum 6. Januar 2021 zu verweigern“, behauptet Tiffany in der offiziellen Mitteilung von gestern.
Kommentar
Klar ist: Das gibt einen Scheidungskrieg, wie ihn die Luxusbranche noch nie gesehen hat. Ein langen, wüsten Scheidungskrieg. Bei dem der grosse Gewinner notabene weder in Paris bei LVMH noch in New York an der 5th Avenue bei Tiffany zu finden sein wird. Sondern in Genf respektive in Stellenbosch. Die Rede ist natürlich von Richemont-Patron Johann Rupert, der nun die Gewissheit hat, mit seiner Marke Cartier noch während Monaten, wenn nicht Jahren im Schmuckgeschäft die Nummer 1 zu bleiben.