Donnerstag , 28 März 2024
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(Foto: imago/ZUMA Press)

Nur noch China hat so richtig Lust auf Luxus

94 Millionen Menschen haben in China online zugeschaut, als Louis Vuitton im August in Shanghai seine neue Kollektion vorgestellt hat.

Auch Luxusmarken sind nicht immun gegen eine Pandemie. Deshalb orientieren sich immer mehr von ihnen nach China, wo das Exquisite boomt. Schon in fünf Jahren sollen chinesische Verbraucher für die Hälfte des weltweiten Luxus-Konsums verantwortlich sein.

Eine eigene Luxusmarke zu besitzen, hat seine Vorteile. Denn Edelmarken müssen sich nicht darum scheren, was potenzielle Kunden denken, sondern sagen sich: Entweder sie lieben, was ich tue oder sie hassen es, erklärt Judith Meyer, Senior Brand Consultant bei der Beratungsfirma BrandTrust, im ntv-Podcast “Wieder was gelernt”. “Luxusmarken biedern sich nicht an. Das ist eines der großen Geheimnisse, wenn man Marken führt. Und für Luxusmarken gilt das noch mehr.”

Aber auch Chanel, Gucci, Prada und Rolex sind nicht immun gegen eine Pandemie. Als das Coronavirus über die Welt hineinbrach, hieß es auch bei ihnen: Filialen zu, Umsätze im Keller. Obwohl noch keine genauen Zahlen verfügbar sind, zeichnet sich schon jetzt ab, dass 2020 das finanziell schlimmste Jahr der Luxuswelt werden dürfte.

Aber Rettung naht: Anders als Europa und die USA scheint China das Coronavirus im Griff zu haben, und im Reich der Mitte haben die Menschen Lust auf Luxus: Im August hat das französische Modehaus Louis Vuitton im Rahmen der Pariser Fashion Week zur virtuellen Modenschau nach Shanghai eingeladen. Allein in China haben 94 Millionen Menschen online zugeschaut. Anschließend hat der örtliche Louis-Vuitton-Shop das beste Verkaufswochenende seiner Geschichte gemeldet, berichtet das Modeportal Fashion United.

Vier von fünf Modehäusern in Schwierigkeiten

Es ist die Bestätigung eines Trends: Schon in fünf Jahren sollen chinesische Konsumenten für fast 50 Prozent des Umsatzes im weltweiten Luxussegment verantwortlich sein. Auf dem Papier hat sich die Volksrepublik noch dem Kommunismus verschrieben, in der Realität ist sie im Konsumzeitalter angekommen.

Aber vor dem Genuss kommt die Aufräumarbeit. Das Branchenmagazin “Business of Fashion” und die Wirtschaftsberater von McKinsey haben den Schaden des globalen Virus-Kollaps analysiert: Dieses Jahr wird der weltweite Markt für Luxusartikel um 35 bis 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr einbrechen. Falls wir die Pandemie in den Griff bekommen, wäre nächstes Jahr ein Mini-Wachstum möglich. Das gilt aber nur für Marken, die überleben: Die Luxus-Experten warnen, dass ein anhaltender Lockdown vier von fünf Modehäusern in Europa und Nordamerika in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte. Ein Großteil von ihnen könnte in den nächsten zwölf bis 18 Monaten bankrottgehen, sagen sie voraus. Frühestens 2023 werde das Vorkrisenniveau wieder erreicht sein.

Unternehmen, die Rettung suchen, müssen deshalb dringend nach Asien schauen. “Die Erholung in China ist real”, hat Robin Brooks, der Chefökonom am Institut für Internationale Finanzen, beim Modeportal Fashion United festgestellt. “Die Aussichten sind ermutigend, auch im Luxussektor. Die Erholung ist im Gange”. Aber sie ist nicht garantiert, warnen “The Business of Fashion” und McKinsey in ihrer Analyse: Als durchschnittlich bereits neun von zehn Boutiquen in China wieder geöffnet hatten, lag der Umsatz trotzdem noch 50 bis 60 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.

Luxus als Statussymbol

Denn Luxusshopping war vor allem im Auslandsurlaub beliebt. Erfolgreiche Chinesen, denen der wirtschaftliche Aufstieg gelungen ist, haben bevorzugt Boutiquen in Paris, London, Mailand oder New York besucht. Abhängig von den Einfuhrzöllen und dem Währungskurs, sagt Judith Meyer. “Das Produkt einer Luxusmarke ist ein Prestigeobjekt, und wenn man den Aufstieg geschafft hat, will man seinen neuen Status auch zeigen.”

Aber im Ausland urlauben und shoppen gehen, ist ausgeschlossen, wenn Grenzen und vielleicht auch Boutiquen geschlossen sind. Deshalb müssen sich Luxusmarken überlegen, wie sie die chinesischen Konsumenten in ihrer Heimat für sich begeistern können. Oder sie müssen neue Wege finden, ihre teuren Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen.

Onlineshopping wäre so eine Möglichkeit, aber die neue Rolex im Internet aussuchen, wirkt nicht sonderlich luxuriös. Luxusshopping ist ein ganz besonderes Erlebnis, sagt Markenstrategin Meyer. Wer kann, sollte sich den Service und die Beratung auf jeden Fall einmal gönnen.

Maskenfrei essen gehen als neuer Luxus?

Auch wenn die Zukunft in China liegt, müssen Luxushersteller gewissermaßen hoffen, dass Europa und den USA das Coronavirus im Herbst und Winter nicht in einen erneuten Lockdown abdriften lässt. Denn viele Boutiquen befinden sich in Flughäfen oder in Modehauptstädten wie Paris oder Mailand. Aber gerade dort erschweren individuelle Freiheiten und Grundrechte den Kampf gegen die Pandemie.

Während China in Wuhan, wo das Coronavirus ausgebrochen ist, rigoros Familien auseinandergerissen und Verdachtsfälle in Quarantäne gesteckt hat, hadern Europäer mit Masken und Abstandhalten. Unsere Strategie ist demokratisch, aber offenbar weniger erfolgreich. “Europa wird viel länger brauchen, um sich zu erholen”, sind sich Analysten im Modeportal Fashion United einig. Gerade die Abwesenheit von Touristen werde für Luxusmarken noch lange schmerzlich zu spüren sein.

Zudem habe Westeuropa ein Luxus-Verständnis entwickelt, das sich vom chinesischen unterscheidet, sagt Judith Meyer. China sei eine junge und erfolgreiche Volkswirtschaft, in der es stark darum gehe, Luxus öffentlich zu demonstrieren. Hierzulande sei man auf den eher subtilen und codierten Luxus umgestiegen. “Die Zeit mit Freunden oder das Reisen wirkt stärker als eine weitere Gucci-Handtasche.”

Luxusmarken stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: Sie verkaufen nicht nur ein Produkt, sondern ein Erlebnis. Ein Erlebnis, das mit geschlossenen Grenzen und Boutiquen nicht funktioniert. Eines, das nach vielen Corona-Monaten vielleicht schon bald aus einem maskenfreien Abend im Restaurant besteht. Erst danach kommt der Besuch bei Prada, Chanel und Gucci.

Quelle: ntv.de

About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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