Zum zweiten Mal fanden die «Geneva Watch Days» statt.
Die «Geneva Watch Days» sind eine Veranstaltung, die letztes Jahr als Reaktion auf das Ausfallen des Genfer und des Basler Uhrensalons ziemlich spontan von einer Handvoll Uhrenmarken aus der Taufe gehoben worden war. Nach dem letztjährigen Erfolg ging die improvisierte Messe, die nicht in Hallen, sondern in Hotelzimmern und -suiten stattfindet, um diverse Marken reicher erneut an den Start.
Das sind meine interessantesten Uhrenneuheiten der dort gezeigten Marken:
CARL SUCHY & SÖHNE
2016 feierte Carl Suchy & Söhne den Relaunch der österreichischen Traditionsmarke mit einer auf 22 Stück limitierten Edition der mechanischen Armbanduhr Waltz Nº1. 2021 überrascht die Marke nun mit einer besonderen Kollektionserweiterung – mit einer von Rainer Mutsch entworfenen Tischuhr der neuen Generation.
Auf der Terrasse des Genfer Fairmont Hotels traf ich Robert Punkenhofer, der mir seine Neuheit, die Carl Suchy & Söhne Tischuhr «Waltz» mit dem in zwei Jahren Entwicklungszeit gestalteten In-House-Stabwerk CS-T1 mit sieben Tagen Gangdauer exklusiv vorstellte. Das 25 cm hohe Gehäuse verschmilzt in einer fließenden Passform mit dem Werk. Zur vollen Stunde gibt der zarte Klang der Silberglocke die Uhrzeit wieder. Die dreieinhalb Kilo schwere Tischuhr wird in einer Auflage von 10 Stück hergestellt und kostet 27’000 Euro. Das Gehäuse ist aus einem Block gefrässt und wurde poliert, es fühlt sich wie ein Handschmeichler an. Personalisierungen seien in vertretbaren Rahmen möglich. Drei Tischuhren wurden verkauft und ausgeliefert. Drei weitere Tischuhren sind zur Zeit in Produktion. Ich habe mich sofort in diese Uhr verliebt, sie fing sofort an, mit mir zu kommunizieren. Bei der Uhr handelt es sich um eine zeitlos elegante Uhr, deren Herstellungsdatum nie nachzuvollziehen ist
Romana Ressl, seit diesem Sommer als Brand Director bei der Wiener Luxusuhrenmanufaktur tätig, gerät bei der Table Waltz ins Schwärmen: «Jedes Detail repräsentiert Wiener Handwerkskunst: Das Glas an Vorder- und Rückseite mit Facettenschliff und Handgravur, in Partnerschaft mit Lobmeyr entwickelt, fügt sich nahtlos in die konische Passform des Messinggehäuses ein und bietet dem kunstvoll schwebenden Stabwerk eine lichtdurchflutete Bühne. Das Werk besteht vollständig aus österreichischen Einzelteilen. Zahnräder im charakteristischen Carl-Suchy-&- Söhne-Design, die durch ihre Drehungen fortlaufend neue Muster bilden, wurden individuell in Handarbeit im Waldviertel gefertigt.»
Bvlgari
Jean-Christophe Babin, der heutige Bvlgari CEO nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau. Ich erinnere mich noch an die Zeit wo Babin TAG Heuer CEO war, und ein industriell gefertigtes Uhrwerk als «inhouse movement» verkauft hatte. Er hat jedoch nicht die Rechnung mit der Fachpresse gemacht, die in einer halben Stunde weltweit das «Schwindelkaliber» aufgedeckt hatte. Wie glaubwürdig er als Mit-Initiant der Geneva Watch Days ist, sei dahingestellt.
Die Octo Roma WorldTimer Uhr, die an den Geneva Watch Days 2021 vorgestellt wurde, ist bereit, die Welt zu erobern. Sie wir von einem neuen integrierten Uhrwerk angetrieben, welches das Konzept der klassischen Funktionen erneuert und das Modell in die Moderne versetzt. In einer Zeit, in der Reisen von einem Ende der Welt zur anderen ganz einfach sind, ist der WorldTimer von grundlegender Bedeutung und äusserst nützlich: Die Uhr mit stilvollem Octa Roma Gehäuse aus Edelstahl oder aus Stahl mit schwarzer DLC-Beschichtung spielt mit Grenzen der Zeit und ermöglicht es, die Zeiten in den Städten augenblicklich abzulesen.
RAKETA
Wenn es ein Land gibt, das nicht für seine Uhren bekannt ist, dann Russland. Doch in dieser riesigen Nation gibt es schon seit Hunderten von Jahren Uhrenhersteller, von denen viele zu Zeiten der Sowjetunion vom Westen unbeachtet für die Länder hinter dem Eisernen Vorhang produzierten. Eine davon ist Raketa aus St. Petersburg, eine 1721 gegründete Manufaktur, die sich ihren modernen Namen erst 1961 anlässlich Juri Gagarins erstem Flug ins Weltall zulegte. Raketa zehrt im Westen noch heute vom Kult, der in den achtziger Jahren um diese exotischen Armbanduhren entstand, als nur wenige davon den Weg nach Westberlin schafften. Besonders auffällig: das Modell «Avant-Garde 0279» mit seinem ringförmigen Minutenzeiger.
H. MOSER & CIE
Die Schaffhauser Marke ist bekannt für ihre minimalistischen Zifferblätter mit dem charakteristischen «fumé»-Farbverlauf, auf denen man das Logo suchen muss, da es in transparentem Lack aufgetragen wird. Die Marke, die ihre Uhrwerke selbst produziert, ist besonders stolz auf ihren ewigen Kalender, also ein Kaliber, das die unterschiedlichen Monatslängen auswendig kann und so ohne Korrektur stets das richtige Datum anzeigt. Dieses Werk wurde nun überarbeitet und findet sich in der sportlichen Linie Streamliner. Die «Moser Streamliner Perpetual Calendar» (49 900 Franken) zeigt das Datum in einem Fenster und den Monat, über einen winzigen Zeiger, im Zifferblattzentrum an. Die Vereinfachung der Komplexität hat allerdings ihren Preis.
GERALD GENTA
Nachdem Bulgari vor rund 20 Jahren die Marken Gérald Genta und Daniel Roth gekauft hatte, um die eigenen uhrmacherischen Kompetenzen zu stärken, verschwanden die beiden Namen bald von der Bildfläche. Nun wird Genta wieder zum Leben erweckt, und das mit einem fulminanten Einstieg: Seine berühmte Mickey-Mouse-Uhr ist zurück! Auf dem Zifferblatt der «Gérald Genta Arena Retrograde» zeigt seine linke Hand die Minuten auf einem Halbkreis, so dass sich die Haltung der Maus stetig verändert. Sobald eine neue Stunde beginnt, flitzt die Hand zurück zum Start, während die in einem Fenster digital angezeigte Stunde schlagartig wechselt. Wer eine möchte, muss sich aber sputen. Es wird weltweit nur 150 Stück geben.
ULYSSE NARDIN
Die Marke Ulysse Nardin, die wie Gerard Perregaux zur Kering Gruppe gehört, schreibt nur rote Zahlen. Patrick Prunaux, der “Turnschuh-CEO”, der von Apple zu Kering stiess, und Albert Bensoussan beerbete, hatte mangels Erfahrung die beiden Marken an die Wand gefahren. Kering will sich von diesen Marken, die keine Erträge bringen so schnell als möglich trennen. Und eben dieser Pruniaux will einen Management Buyout lancieren. Der ehemalige Gründer und Inhaber von Ulysse Nardin, Rolf Schnyder, würde sich im Grabe umdrehen, was mit seiner Marke passiert.
Die Manufaktur aus Le Locle besinnt sich auf ihre glorreiche Vergangenheit, als sie der wichtigste Lieferant von Schiffchronometern für die Marinen der Welt war. Die neuen Modelle sind optisch an die damaligen Bordchronometer angelehnt und mit unterschiedlichen Funktionen ausgestattet. Im Bild das Modell «Marine Torpilleur Panda» (7800 Franken) mit einem Durchmesser von 42 mm. Typisch für die damaligen Chronometer: der grosse Durchmesser der sekundären Sekunde sowie die Anzeige der Gangautonomie.
Doxa
Bei Doxa kommt mir sofort der Knatsch aus dem Jahre 2019 ins Gedächtnis. Der Uhrenhersteller DOXA aus der Schweiz sah seine Markenrechte durch die Domains doxasub.com und doxawatches.com verletzt, und startete ein UDRP-Verfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO). Dabei ließ das Unternehmen jedoch außer Acht, dass zwischen ihr und der Beschwerdegegnerin ein exklusiver Vertriebsvertrag besteht.
Im Jahr 2019 wird Romeo F. Jenny zum Präsidenten des Verwaltungsrates der Walca Group und Jan Edöcs zum Verwaltungsratsmitglied der Walca Group sowie zum CEO der DOXA Uhren AG ernannt.
Die Marke aus St-Imier lag lange im Dornröschenschlaf. Doch nun ist sie zurück, und das mit Recht. Doxa stellte in den sechziger Jahren den Markt der Taucheruhren mit der Einführung eines erschwinglichen Profizeitmessers auf den Kopf. Das Besondere, abgesehen vom Preis: Das Zifferblatt war knallig orange.
Einer der Mitarbeiter hatte beim Tauchen im Neuenburgersee festgestellt, dass diese fröhliche Farbe unter Wasser viel besser ablesbar ist als die traditionell schwarz gehaltenen Blätter der Konkurrenz. Tauchen und Farbe sind denn auch die Hauptmerkmale der heutigen Doxa. Ikonisch ist das Modell «SUB 300» mit seinem ausladenden Gehäuse. Wir zeigen aber das neue, in Titan gefertigte Modell «SUB 600T Pacific» (1890 Franken) mit blauem Zifferblatt.
MB&F
Max Büsser und seine verrückte Crew haben in Zusammenarbeit mit dem Pendülenhersteller L’Epée 1839 eine transformierbare Tischuhr entwickelt, die mal wie ein Augapfel, mal wie ein Käfer, mal wie eine Blüte aussieht. Das fast 2 kg schwere Modell «ORB» (30 700 Franken) läuft nach Vollaufzug 8 Tage und lädt zum Spielen ein. Es ist allerdings nicht für Kinder geeignet, da der delikate Mechanismus nicht unverwüstlich ist. Die Uhr kann die vollen Stunden schlagen.
Bernhard Lederer
Der deutsche Uhrmacher lebt seit Jahrzehnten in der Schweiz und arbeitet in seinem Atelier bei Neuenburg sowohl als Prototypist für grosse Marken als auch an eigenen Projekten. Eines davon ist das neuste Modell «Central Impulse Chronometer» (128 000 Franken). Mit dessen speziellem Uhrwerk ist es ihm gelungen, einen langgehegten Traum der Uhrenwelt umzusetzen, nämlich das besonders reibungsarme Hemmungssystem eines Schiffchronometers für eine Armbanduhr fit zu machen. Herausgekommen ist dabei eine formschöne Uhr, deren eigentlicher optischer Leckerbissen, das Werk, durch einen komplett transparenten Boden aus allen Winkeln bestaunt werden kann.
Krayon
Der Uhrenkonstrukteur Rémi Maillat stieg bei Cartier in die Welt der Uhrenindustrie ein, bevor er sich 2013 selbständig machte. 2017 präsentierte er seine erste Uhr «Everywhere», die eine ganz besondere Funktion beherrscht: Sie zeigt den Weg der Sonne sowie die Zeiten des Sonnenauf- und -untergangs an jedem beliebig wählbaren Ort der Welt. Dies ist sein neues Modell «Anywhere» (ab 96 000 Franken), eine etwas vereinfachte Variante, die den Sonnenlauf an einem vom Besitzer wählbaren Ort anzeigt. Um einen anderen Ort zu wählen, braucht es den Uhrmachermeister.
Urwerk
Gerade vornweg, ich persönlich halte nichts von den Produkten und den Machern von Urwerk, es ist mir alles zu Avantgarde, aber trotzdem finden die Uhren hier eine Erwähnung von mir.
Urwerk präsentierte auf den Geneva Watch Days die neue UR-100 Electrum. Die auf 25 Exemplare limitierte Uhr entspricht technisch den anderen Vertreterinnen der UR-100-Reihe: Als Taktgeber dient das Kaliber UR 12.01 mit dreiarmiger Satellitenanzeige und durch Turbinen reguliertem Automatikaufzug. Auch die Anzeigen für die Rotationsgeschwindigkeit der Erde um sich selbst sowie um die Sonne sind vorhanden.
Neu ist das verwendete Gehäusematerial: Electrum. Dabei handelt es sich um eine natürlich vorkommende Legierung aus Gold und Silber, die schon bei den alten Griechen bekannt war. Urwerk ersetzt den Silberanteil jedoch durch Palladium, da es die Legierung strapazierfähiger macht und besser vor Korrosion schützt. Die Oberfläche des Gehäuses zieren feine Rillen, die sich bei genauem Hinsehen als konzentrische Kreise herausstellen.
CZAPEK & CIE.
Czapek & Cie überraschte auf den Geneva Watch Days mit der Antarctique Rattrapante, einem modernen, aufwendig skelettierten Schleppzeiger-Chronographen. Die Uhr wird in einer limitierten Auflage von nur 77 Stück erhältlich sein.
Herz der Uhr ist das Kaliber SHX6. Es wurde in Zusammenarbeit von Czapek und Chronode entwickelt und ist eine wahre Augenweide. Im Zentrum befindet sich eine spezielle dreiarmige Brücke, die den Minutenantrieb sowie die Zahnräder für den Zwischenzeitmechanismus an ihrem Platz hält. In der Achse von 6 nach 12 Uhr sind zudem die Schalträder für den Chronographen und die Zwischenzeit angeordnet und teilen die Anzeige der Uhr so optisch in zwei Hälften. Den 30-Minuten-Zähler sowie die kleine Sekunde hat Czapek bei 4 bzw. 7 Uhr positioniert, was der Uhr eine schöne Symmetrie verleiht.
Das 42,5 mm große Edelstahlgehäuse ist sehr modern gestaltet und verfügt über ein integriertes Gliederarmband. Dessen Mittelglieder sind in Form eines Stilisierten „C“ gestaltet und poliert.
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