Mittwoch , 1 Mai 2024
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Jeder dritte Verbaucher erwägt den Kauf einer Pre-owned-Uhr

Luxusuhren aus zweiter Hand werden immer stärker nachgefragt. Das ist ein Ergebnis aus „The Deloitte Swiss Watch Industry Study 2021“, welche das Beratungsunternehmen am Donnerstag veröffentlicht hat.

Es ist die achte Ausgabe der Studie der Schweizer Uhrenindustrie von Deloitte. Sie basiert auf einer Online-Umfrage unter 67 leitenden Angestellten der Uhrenindustrie, die zwischen Mitte August und Anfang September 2021 durchgeführt wurde, sowie auf Interviews mit Branchenexperten. Außerdem wurde eine Online-Umfrage unter 5.558 Verbrauchern in China, Frankreich, Deutschland, Hongkong, Italien, Japan, Singapur, der Schweiz, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Großbritannien und den USA durchgeführt. Es handelt sich um eine ganzheitliche Branchenbewertung mit unterschiedlichen Sichtweisen.

Pre-owned-Uhren

In der Umfrage gab fast jeder dritte Verbraucher (32 %) an, in den nächsten zwölf Monaten eine gebrauchte Uhr kaufen zu wollen. Das sind fast 50 Prozent mehr als in der Deloitte-Studie 2020.

Als Gründe werden unter anderem angegeben: niedrigerer Preis (44 %), Möglichkeit zum Kauf eines Auslaufmodells (31 %), Investitionszwecke (26 %) und Nachhaltigkeit (25 %).

Bei jüngeren Kunden ist der Trend noch stärker: 42 Prozent der Millennials und 34 Prozent der Gen-Z geben an, dass sie eine gebrauchte Luxusuhr kaufen würden.

Karine Szegedi, Head of Consumer and Fashion & Luxury bei Deloitte Schweiz, stellt fest: „Ob es sich um die Sharing Economy oder um ein stärkeres soziales Bewusstsein handelt, jüngere Verbraucher sind heute viel weniger zurückhaltend, Secondhand-Artikel zu kaufen. Dieser Generationswechsel wird der Pre-owned-Uhrenindustrie auch in den kommenden Jahren zugutekommen und ist sicherlich Teil eines breiteren Trends zu einem nachhaltigeren Einkaufsverhalten junger Menschen.“

Laut der Deloitte Swiss Watch Industry Study 2021 begrüßen die Führungskräfte der Uhrenbranche diesen Trend durchaus. Zwei Drittel (67 %) sehen darin einen positiven Einfluss auf ihre Marken und die Chance, neuen Kunden die Möglichkeit zu geben, ihre Marke zu erleben oder ganz allgemein in den Luxusmarkt einzusteigen.

Fast zwei Drittel (65 %) der Befragten setzen eine Strategie für den zertifizierten Gebrauchtmarkt um. „Die Automobilindustrie setzt seit Jahrzehnten zertifizierte Gebrauchtwagen ein. Es ist schön zu sehen, dass die Uhrenindustrie dies auch annimmt. Es wird Marken und Verbrauchern auf dem Gebrauchtmarkt mehr Sicherheit in Bezug auf Qualität, Zuverlässigkeit und Authentizität geben“, erklärt Karine Szegedi und ergänzt. „Da die Verbraucher umweltbewusster sind, spielt der Gebrauchtwarenmarkt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines kreislauforientierten und nachhaltigeren Ansatzes für die Luxusuhrenindustrie.“

Nachhaltigkeit

Daher verwundert es nicht, dass 93 Prozent der von Deloitte befragten Führungskräfte der Meinung sind, dass Nachhaltigkeit ein entscheidendes Thema für die Branche ist, wobei 72 Prozent bereits in entsprechende Praktiken investieren, 16 Prozent planen dies. Auf die Frage nach den wichtigsten Aspekten der Nachhaltigkeit wurden ethische Beschaffung und Umweltauswirkungen von Materialien und Verpackungen am häufigsten genannt.

Bei den Verbrauchern gaben durchschnittlich 60 Prozent an, beim Kauf einer Uhr Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen, wobei Millennials mit 71 Prozent die Nase vorn haben.

„Konsumenten werden nicht mehr mit ethischen und nachhaltigen Praktiken umworben – sie erwarten sie von Marken“, erklärt Karine Szegedi. „Um vor allem jüngere Kunden zu gewinnen und zu binden, müssen Marken bei dem, was sie tun, um ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, transparent sein. Die Schweizer Uhrenindustrie sollte dies als Chance sehen und ihr Image einer Branche weiter stärken, die bereits langlebige Produkte herstellt, die über Generationen weitergegeben werden können.“

Pandemie

Insgesamt sind die Schweizer Uhrenhersteller hinsichtlich der wirtschaftlichen Aussichten weitaus optimistischer als im Vorjahr. 60 Prozent erwarten, dass bis Ende nächsten Jahres ein Umsatzniveau erreicht wird, das auf Vorkrisenniveau liegt, und dass China in naher Zukunft zum wichtigsten Markt wird.

Nach einem schwierigen Jahr 2020 mit starken Umsatzrückgängen durch rückläufige Reisezahlen und vorübergehenden Schließungen von Geschäften und Produktionsstätten haben sich die Exportwerte insbesondere im High-End-Segment erholt. Luxusuhren mit Exportpreisen von über 3.000 CHF waren für die meisten Uhrenmarken überlebenswichtig. Im ersten Halbjahr 2021 wurden hier sieben Prozent mehr exportiert als im Vorkrisenjahr 2019.

24 Prozent der befragten Führungskräfte erwarten daher, dass die Schweizer Uhrenindustrie bis Ende dieses Jahres ein Verkaufsvolumen erreichen wird, das dem vor der Pandemie entspricht. 36 Prozent erwarten dies bis Ende 2022 und 25 Prozent bis Ende 2023.

China und andere Wachstumsmärkte

Chinas Bedeutung als Exportmarkt für Schweizer Uhren wurde während der Pandemie noch deutlicher. Während des ersten europäischen Lockdowns im Frühjahr 2020 hat sich der Anteil der Schweizer Uhrenexporte nach China auf 22 Prozent mehr als verdoppelt. Seitdem ist der Anteil der Exporte nach China zurückgegangen, lag aber im zweiten Quartal 2021 immer noch um vier Prozentpunkte höher als im zweiten Quartal 2019.

Jules Boudrand, Experte für die Uhrenindustrie von Deloitte Schweiz, stellt fest, dass „die Pandemie als Beschleuniger für viele verschiedene Trends gedient hat.“ , einschließlich der zunehmenden Bedeutung Chinas für die Schweizer Uhrenindustrie. „Viele Marken passen sich der neuen Realität an, dass chinesische Kunden aufgrund von Reisebeschränkungen zunehmend lokal einkaufen und expandieren in diesem Markt stark.“

Die befragten Führungskräfte prognostizierten fast einstimmig (96 %) Wachstum in China, wobei 57 % sogar starkes Wachstum erwarten. Als weitere Wachstumsregionen werden der Rest Asiens, Nordamerika und der Nahen Osten genannt. Für diese Regionen prognostizieren zwischen 80 und 90 Prozent der Führungskräfte Wachstum. Ein Viertel erwartet Wachstum in Europa und nur ein Drittel in Hongkong. Für alle anderen Regionen wird mit einem Rückgang oder einer Stagnation gerechnet.

Omnichannel und omnipräsent

Im vergangenen Jahr haben Marken und Einzelhändler ihre Geschäfte online verlegt, sei es durch Ausweitung ihrer bestehenden digitalen Kanäle oder durch die Entwicklung einer E-Commerce-Plattform. Dieser Prozess setzt sich weiter fort: Führungskräfte wollen weiterhin die Optimierung der Vertriebskanäle (84 %), die Weiterentwicklung der E-Commerce-Angebote (81 %) und die Stärkung ihrer Omnichannel-Strategie (79 %) in den Vordergrund stellen. 50 % der Befragten planen einen Ausbau des E-Commerce. Dieser hat im Vergleich zur Umfrage 2020 an Priorität gewonnen, waren es im Vorjahr doch nur 26 %.

Die Verbraucher sind bereit, Geld auszugeben

Im Durchschnitt ist etwa ein Drittel der Befragten bereit, mehr als 1.000 CHF (oder den entsprechenden Betrag in der Landeswährung) für eine Uhr auszugeben, aber hier zeigen sich erhebliche Variation zwischen den Ländern.

Deutsche gehen mit ihrem verfügbaren Einkommen eher zurückhaltend um, während in China und Hongkong mehr als zwei Drittel der Befragten bereit sind, über 1.000 Franken für eine Uhr auszugeben. Dies ist ein weiterer Grund, warum China – und nun in geringerem Masse auch Hongkong – im Luxussegment eine wichtige Rolle spielt und warum Schweizer Marken in diesen Wachstumsmarkt investieren

Herausforderungen auf Angebots- und Nachfrageseite

Die Unsicherheit aufgrund der Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Nachfrage, die Lieferketten und der Arbeitsmarkt stellen für die Branche nach wie vor eine Herausforderung dar. Eine schwächere Auslandsnachfrage wird immer noch als erhebliches Risiko angesehen, aber deutlich weniger als im vergangenen Jahr.

Die schwächere Binnennachfrage und die Stärke des Schweizer Frankens werden im Vergleich zur Deloitte-Studie aus dem Jahr 2020 ebenfalls deutlich seltener als Herausforderung genannt. Allerdings sind die Risiken durch den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und die unzureichende Versorgung mit Teilen, Uhrwerken und anderen Rohstoffen gestiegen.

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About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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