Bislang ist die Schweiz weltweit der drittgrösste Markt für kubanische Zigarren. Das ändert sich gerade, denn das kubanische Export-Monopol «Habanos» kappt ab sofort die Versorgung der Schweiz. Grund sind Rendite-Überlegungen der neuen Eigentümer in Asien. Für Schweizer «Aficionados» brechen harte Zeiten an.
Was die Ausstattung mit handgemachten Premium-Zigarren aus Kuba anbelangt, war die Schweiz bislang eine Art Insel der Glückseligen. Zwar ist die Verfügbarkeit kubanischer Zigarren in den letzten Jahren auch hierzulande teilweise ungenügend. Hintergrund davon waren und sind Produktionsengpässe infolge der Covid-Pandemie und aufgrund von Unwettern auf Kuba sowie der allgemein desolaten Wirtschaftslage im Land.
Exodus aus Kuba
In den letzten Jahren haben gegen zwei Millionen Kubaner (von 11 Millionen im Jahr 2019) die Insel verlassen, darunter auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zigarrenindustrie. Die Produktionskapazitäten für handgerollte Havannas liegen derzeit bei etwa 60 Millionen Stück und damit rund einen Viertel tiefer als 2019.
Cohiba, Trinidad, Partagas
Dennoch: Während anderswo die Händler-Regale komplett leer sind, erhielt die Schweiz bislang eine vergleichsweise grosszügige Allokation der begehrten Zigarren von Cohiba, Trinidad, Partagas etc. Aufgrund ihrer hohen Kaufkraft und der ausgeprägten Zigarren-Kultur mit zahlreichen Lounges war der helvetische Markt von den Kubanern geschätzt. Das ändert sich nun.
«Lieferungen kürzen»
Wie das Schweizer Fachmagazin «Cigar» soeben berichtet, wird «Habanos», das weltweite Marketing- und Vertriebsmonopol für kubanische Zigarren, seine Lieferungen «kürzen». Betroffen von der neuen Politik seien «mehrere Märkte», darunter «auch die Schweiz». Es gehe um Länder «deren Vertriebsstrukturen nicht zu 100 Prozent» unter der Kontrolle der Kubaner sind.
Schweizer Importeur «Intertabak»
In der Schweiz muss sich «Habanos» die Früchte ihrer Arbeit mit den Familien Villiger und Lévy teilen, die gemeinsam 50 Prozent am Exklusiv-Importeur «Intertabak» halten (die andere Hälfte an «Intertabak» gehört «Habanos»). Der Verwaltungsrat von «Intertabak» besteht aus dem mittlerweile 93-jährigen Tabak-Unternehmer Heinrich Villiger, Louis-Charles Lévy als Vertreter der Genfer Handels-Dynastie sowie aus zwei Repräsentanten der kubanischen Seite.
Senkung um 40 Prozent
Recherchen von tick-talk.ch in Händler-Kreisen zeigen, dass «Habanos» der schweizerischen Intertabak eine Reduktion in der Grössenordnung von 40 Prozent angezeigt hat. Der Entscheid sei unumstösslich und höchstens durch eine Änderung der Eigentümer-Struktur beim Importeur «Intertabak» abzuwenden. Ähnliche Einschnitte werden für die Märkte Deutschland, Österreich und Polen erwartet, in denen ebenfalls Heinrich Villiger mit seiner Gesellschaft «Fifth Avenue» (wie «Intertabak» in der Schweiz ein Joint Venture mit «Habanos») Exklusivimporteur ist. Und in Grossbritannien, wo sich «Habanos» die Distribution mit «Hunters & Frankau» teilt, einem Tabakhändler mit über 230-jähriger Tradition.
Handschrift der neuen Miteigentümer
Von der Verknappung nicht betroffen sind Spanien und Frankreich, wo «Habanos» schon heute die ganze Wertschöpfung bis vor den Point-of-Sale abschöpft. An der neuen Politik zeigt sich die Handschrift der neuen Miteigentümer von «Habanos»: Im Jahr 2020 kaufte die Hong Konger Investmentgesellschaft «Allied Cigar Corporation» den 50-Prozent-Anteil an «Habanos» vom britischen Tabak-Multi «Imperial Tobacco» im Rahmen einer 1,44 Milliarden US-Dollar umfassenden Transaktion, wie seinerzeit die Fachzeitschrift Cigar Journal berichtete. Als wirtschaftliche Eigentümer der «Allied Cigar Corporation» wird ein Konglomerat chinesischer Investoren vermutet, geleitet durch den in China geborenen Glücksspiel-Unternehmer Chen Zhi (Suncity Group Holdings), der seit 2014 auch die kambodschanische Staatsbürgerschaft besitzt. Vor dieser Übernahme waren die Business-Entscheidungen von «Habanos» stark lateinamerikanisch geprägt, sprich mit grosser Wertschätzung vor gewachsenen persönlichen Beziehungen.
Leere Humidore in Sicht
Unternehmer wie Heinrich Villiger, Louis-Charles Lévy und Samuel Menzi («Casa del Habano» in Zürich) halfen den Kubanern über Jahrzehnte beim Aufbau der Kommerzialisierung ihrer Zigarren in der Schweiz. Menzi und Villiger erhielten dafür von Fidel Castro persönlich die Auszeichnung «Hombre del Habano» verliehen. Dies zu Zeiten, als die Kubaner in Sachen Marketing und Distribution noch Waisenknaben waren. Doch anders als eine gute Havanna-Zigarre, die mit dem Alter immer besser wird, hat Dankbarkeit ein Ablaufdatum. Darunter leiden zuvorderst die Zigarren-Liebhaberinnen und -Liebhaber zwischen Genf und Lugano. Die Humidore der Händler werden sich leeren. Und die Preise werden abermals steigen. «Intertabak» wollte auf Anfrage von tick-talk.ch die Verknappung weder bestätigen noch kommentieren.
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