Mittwoch , 9 Oktober 2024
ende
Der präpotente Opportunist sowie Lange & Söhne CEO Wilhelm Schmid setzt auf Edelstahl.

A. Lange & Söhne setzt erstmals auf Stahl

Mit den neuen Luxus-Sportuhren mit Edelstahlgehäuse und passendem Armband Odyssee liess sich A. Lange & Söhne vom Erfolg der Royal Oak von Audemars Piguet und von der Nautilus von Patek Philippe inspirieren. Passionierte Uhrensammler weltweit meinten, dass Edelstahl A. Lange & Söhne nicht stehe. Der präpotente Opportunist sowie Lange & Söhne CEO Wilhelm Schmid, der eigentlich aus der Automobilbranche kommt, ist hingegen anderer Meinung.

Die Idee, eine Stahluhr herzustellen, hatte vor Jahrzehnten bereits der 2001 verstorbene Günter Blümlein. Der Branchenveteran war maßgeblich an der Wiederbelebung der Marke durch Walter Lange in den 1990er-Jahren beteiligt. Da es jedoch keine echte Möglichkeit gab, dies entsprechend der hohen Standards der Manufaktur umzusetzen, wurde die Idee zunächst zurückgestellt – für lange Zeit. Dies änderte sich Anfang 2015, als Wilhelm Schmid sein Team beauftragte, eine Lösung für die wiederholte Anfrage von Stammkunden zu finden. Es dauerte dann noch fast fünf Jahre, bis die „Odysseus“ auf den Markt kam. Ein Beleg dafür, dass A. Lange & Söhne keine Kompromisse in punkto Qualität macht. Wie sich herausstellte, entsprach das Endergebnis nicht ganz dem, was man erwartet hatte: niemand hatte wirklich eine Luxus-Stahl-Sportuhr von Lange erwartet.

Der Begriff Game-Changer für jemanden, der bestehende Regeln ändert, wird oftmals überstrapaziert. Bezüglich der Einführung der „Odysseus“ scheint er aber angemessen zu sein. Sie ist die erste serienmäßig produzierte Stahluhr eines deutschen Highend-Uhrenherstellers. Das deutet durchaus auf eine grundlegende Änderung der Strategie hin. Willhem Schmid sieht dies weniger kategorisch: „Viele unserer Kunden sagten mir: Wir lieben Ihre Uhren! Wir tragen sie die ganze Zeit. Wenn wir jedoch in den Urlaub fahren oder Sport machen, können wir sie nicht tragen.. Das hat uns zum Nachdenken gebracht: Wenn wir für die wichtigste Zeit des Jahres nichts anzubieten haben, dann müssen wir daran arbeiten, es zu können.“ Lange-Uhren werden traditionell an Lederarmbändern getragen und sind mit Edelmetall-Gehäusen ausgestattet.

Dabei ist die „Odysseus“ weniger polarisierend als viele gedacht hatten. Dennoch scheiden sich an ihr die Geister. Ist es einfach nur der Versuch, auf den anhaltenden Trend der stählernen Sportuhren mit blauen Zifferblättern aufzuspringen? Oder ist es der erste Schritt einer neuen, langfristig angelegten Strategie? Wilhelm Schmid stellt die Einordnung der „Odysseus“ als Sportuhr ohnehin in Frage: „Ich habe Probleme mit dem Begriff Sportuhr – ganz einfach, weil es keine ist. Wir bezeichnen sie als sportlich-elegante Uhr.“

Mit einem Durchmesser von 40,5 und einer Höhe von 11,1 Millimetern bietet die „Odysseus“ einen entspannten Tragekomfort. Auf beiden Seiten der verschraubten Krone sitzen Drücker für die Einstellung der Kalenderanzeigen. Sie sind in das Gehäuse integriert und verfügen wie die Krone über eine spezielle Dichtung. Das ermöglicht die Wasserdichtigkeit bis zwölf Bar, die höchste, die es je bei Lange gab.

Im Inneren tickt das neue Kaliber L155.1 Datomatic, das speziell für die „Odysseus“ konstruiert wurde. Bei einem Durchmesser von 32,9 Millimetern und mit 312 Teilen schlägt es mit einer Frequenz von vier Hertz – schneller als die meisten Lange-Uhrwerke. So kann unabhängig von äußeren Einflüssen wie Stößen eine hohe Gangstabilität gewährleistet werden.

Um die Leistung des Uhrwerks zu optimieren, haben die Lange-Ingenieure ein neues Schwingsystem entwickelt. Durch ihre vier versenkten Regulierschrauben verursacht es trotz höherer Frequenz weniger Luftverwirbelungen. Im Verbund mit der Unruhspirale aus eigener Fertigung wirkt sich dies positiv auf Ganggenauigkeit und Energieeffizienz aus.

Die Uhr wird an einem, ebenfalls speziell angefertigten Stahlarmband getragen, das auf den ersten Blick wie ein integriertes Armband aussieht. Bei näherer Betrachtung entdeckt man jedoch die Bandanstöße, die es theoretisch möglich machen, das Stahlband gegen eines aus Leder oder Silikon auszutauschen. Allerdings ist Wilhlem Schmid bezüglich zukünftiger Versionen sehr verschwiegen.

Nicht alle waren von dem neuen Lange-Modell begeistert und taten dies sofort in den sozialen Medien kund – offensichtlich ohne die Uhr zuvor persönlich in der Hand gehalten zu haben. „Ich denke, Sie können sich nichts Neues einfallen lassen, etwas, das Sie noch nie zuvor getan haben, und dann erwarten, dass jeder sofort Hurra ruft. Wenn das so gewesen wäre, dann hätte ich mir Sorgen gemacht. Denn das bedeutet normalerweise, dass die Begeisterung nicht von langer Dauer sein wird. Ich denke, die ‚Odysseus‘ wird mit dem Kunden wachsen. Natürlich wird es immer Menschen geben, die Veränderung nicht mögen, und das ist völlig in Ordnung. Aber ich bin mir sicher, dass die Mehrheit unserer Kunden die ‚Odysseus‘ mögen wird“, so Schmid.

Mit einer UVP von 28.000 € – für den Preis erhalte ich eine Nautilus von Patek und besitze eine Uhr mit Wertvermehrung – liegt sie anscheinend im gleichen Preissegment wie andere, etablierterer Luxus-Sportuhren. Lange selbst scheint darüber nicht besorgt zu sein, obwohl manche hofften, dass die neue Sportuhr aus Stahl einen leichteren Einstieg in die Marke ermöglichen würde. Dies war jedoch nie die Absicht, wie Wilhelm Schmid betont: „Wenn Sie sich die Zeit nehmen und sorgfältig prüfen, was wir tun, werden Sie sehr bald zu dem Schluss kommen, dass der Bau dieser Uhr eine Herausforderung darstellt. Sie ist also nicht als Einstieg in die Marke gedacht.“

Angesichts der zu erwartenden extrem geringen Produktionsmengen, muss die „Odysseus“ auch keine Beliebtheits-Wettbewerbe gewinnen, um erfolgreich zu sein. „Erwarten Sie nicht, dass wir eine große Anzahl dieser Uhr produzieren werden. Dafür haben wir einfach nicht die Kapazität.Trotz Stahl-Gehäuse und -Armband gelten für das Innenleben die gleichen Produktionsbeschränkungen wie für allen anderen Uhren.“

Interessanterweise bietet Lange die Uhr – trotz ihrer Anziehungskraft für Sammler und Spekulanten – nicht exklusiv in den eigene Boutiquen an. Sie werden vorrangig beliefert, aber die „Odysseus“ wird auch bei den Einzelhandelspartner der Marke erhältlich sein.

Während andere Marken ihre Anzahl an Einzelhandelspartner konsolidieren oder zugunsten eines MonobrandBoutique-Konzepts reduzieren, verfolgt Lange eine mehrstufige Strategie. Bevor eine eigene Boutique eröffnet wird, wird die Situation vor Ort genau geprüft, und es wird bevorzugt mit bestehenden Partnern zusammengearbeitet.

So wie es bei Juwelier Wempe in London der Fall ist, der auch die Lange-Boutique betreibt. „Ich sehe den Wunsch der Kunden, in Boutiquen zu gehen“, erklärt Schmid. „Aber ich weiß auch, dass in bestimmten Teilen der Welt MultiFranchise das bevorzugte System ist. Daher schaue ich mir immer an, wie wir den Kunden am besten erreichen können. Ich denke, wir werden diese verschiedenen Geschäftsmodelle noch lange beibehalten. Ich glaube aber auch, dass die Anzahl der Lange -Boutiquen zunehmen wird.“

About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

Check Also

LVMH baut Medienmacht aus und schränkt die Kommunikation gegenüber anderen Medien massiv ein

Um diesen Beitrag sehen zu können, müssen Sie sich anmelden. Sollten Sie noch keinen Zugang …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.