In einem Interview mit TICK-TALK kündigt AP CEO François-Henry Bennahmias die Ablösung des Kult-Modells 15202ST an.
Nach 50 Jahren endet die Geschichte der ultraflachen Audemars Piguet Royal Oak, Referenz 15202. Vorher wurde am 6. November 2021 bei der Only Watch-Auktion 2021 das letzte Exemplar versteigert. Der erzielte Preis: Sagenhafte 3,1 Millionen Franken.
Nach der Ankündigung von Thierry Stern, CEO von Patek Philippe, die Nautilus in Stahl, Ref. 5711/1A einzustellen, kündigt nun auch François-Henry Bennahmias, CEO von Audemars Piguet, das Ende der Kult-Referenz 15202ST, der Royal Oak Ultra Flat in ihrer jetzigen Form an.
Wie bei Patek Philippe plant man auch bei Audemars Piguet einen Nachfolger, der kommendes Jahr Premiere feiern soll. Was für eine Auswirkung die Nachricht auf die Sekundärmarktpreise der 15202ST wird haben, kann man zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen.
Die Geschichte der Royal Oak
Anfang der 1970er Jahre bedrohte die Quarzkrise die gesamte europäische und amerikanische Uhrenindustrie. Armbanduhren mit Quarzwerken aus Japan, die in Ganggenauigkeit herkömmlichen mechanischen Werken überlegen waren, drängten in den traditionellen Uhren-Mark. Obwohl die ersten Quarzuhren nur in Preisregionen von Kleinwagen erhältlich waren, purzelten bald die Preise der batteriebetriebenen Ticker und einige traditionsreiche Hersteller mechanischer Uhren fielen der Schwemme japanischer Uhren zum Opfer.
Marken wie Patek Philippe, Jaeger-LeCoultre machten zuerst im Quarzwettbewerb mit, merkten dann aber, dass ihre Namen mehr wert waren, als die Uhren, die man herstellte.
Auch die Uhrenmanufaktur Audemars Piguet, aus dem schweizerischen Dorf Le Brassus, sah sich in diesem Gefecht und musste die Strategie ändern, um nach fast 100-jährigem Bestehen dem finanziellen Ruin zu entgehen.
1971 wandte sich der italienische Vertriebspartner von Audemars Piguet – Carlo de Marchi – an Georges Golay, dem damaligen Generaldirektor von AP. Der italienische Markt verlange nach einer Uhr aus Stahl, welche zugleich sportlich als auch elegant sein sollte. Das Design dazu sollte niemand Geringeres als Gerald Genta liefern, welcher bereits ikonische Uhren für Patek Philippe, Omega und Universal Geneve entworfen hatte.
Am Vorabend der Schweizer Mustermesse in Basel 1971 rief Georges Golay Gerald Genta an und teilte ihm mit, dass man eine neuartige Stahl-Sportuhr fertigen wolle und einen Design-Entwurf dazu bereits am nächsten Tag erwarten würde.
Genta, noch nicht einmal 40 Jahre alt, erinnerte sich an einen Taucher, den er als Kind in Genf in der Rhone sah und orientierte sich beim Gehäuse an den typischen Messing-Taucherhelmen der Zeit mit verschraubtem Sichtfenster. Genta verpasste der Uhr daher eine oktogonale Lünette mit acht sichtbaren hexagonalen Schrauben und ein Zifferblatt mit Tapisserie Muster.
Auch beim Namen orientierte man sich am nautischen Design und so taufte Audemars Piguet die neu entworfene Uhr Royal Oak in Anleihe an die acht gleichnamigen britischen Schlachtschiffe der Royal Navy welche zwischen 1664 und 1914 gebaut wurden. Diese acht Schlachtschiffe wurden wiederum nach der Eiche benannt wurden, auf der sich Karl II von England am Morgen des 4 September 1651 nach der Schlacht von Worcester vor seinen Verfolgern versteckt haben soll.
Den Patentantrag zur neugeborenen Royal Oak reichte Genta bereits am 6 Dezember 1971 beim Schweizer Patentamt unter der Anmeldenummer 17724/71 ein. Der Antrag wurde am 30 September 1974 mit der Patentnummer CH559929 veröffentlicht. Am 30 Oktober 1972 reichte Genta dann auch beim US-amerikanischen Patentamt sein Patent ein, welches bereits am 4 September 1973 das Patent gewährte. Das Patent ist unter U.S. Patent No. 3,756,017 registriert.
Auffallend ist, dass bei den Patentskizzen noch nicht auf die heute typische Schraubenausrichtung auf der Lünette geachtet wurde.
Ein Jahr nach dem Erstentwurf Gentas, wurde die Royal Oak auf der Uhren- und Schmuckmesse, im Rahmen den Schweizer Mustermesse in Basel, am 15 April 1972 einem Weltpublikum vorgestellt.
Der Preis der Ur Royal Oak – Ref. 5402ST – betrug im Jahr 1972 3.650 Schweizer Franken (in Deutschland 2.900 Deutsche Mark), womit sie nicht nur die teuerste Stahl Uhr der Zeit war, sondern auch so viel kostete wie 12 (zwölf) Rolex Submariner zusammen.
Der Erfolg, den die Royal Oak im Lauf der Jahre haben sollte, war zu Beginn gänzlich ungewiss. Die Uhren- und Schmuckmesse 1972 war die erste Messe seit 1917, in welcher auch ausländische Aussteller – Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien – ausstellen durften. Der ehemalige Leiter des AP Museums Martin Wehrli (zwischenzeitlich leider verstorben) erinnert sich, dass zwar fast ausschließlich positive Reaktionen auf die Royal Oak bekundet wurden, jedoch hinter vorgehaltener Hand man der Manufaktur noch sechs Monate bis zum Konkurs gab. (The King of Cool: Audemars Piguet’s Game Changing Royal Oak – Revolution)
Zwischen 1972 und 1973 stellte Audemars Piguet 1000 Stück der Royal Oak – Ref. 5402ST – her. Im Folgejahr wurden weitere 1000 Stück hergestellt. Diese 2000 Uhren von 1972 bis 1974 werden als A Serie bezeichnet (z.B. Seriennummer A1545). Anschließend wurden weitere 1000 Stück hergestellt (B Serie), bevor man zum nächsten Buchstaben – C – überging usw.
Die erste Royal Oak mit der Seriennummer 101 und Werknummer 127230 wurde vom Schah von Persien Mohammad Reza Pahlavi am 6 Juli 1972 gekauft, welcher einen Prototyp der Royal Oak am Arm des Boutiquenchefs von Vacheron Constantin in Genf sah und sich sofort in die Uhr verliebte. Interessant dabei ist, dass die erste Uhr für den Schah aus Weißgold – und nicht etwa aus Stahl – gefertigt wurde. Dies deshalb, da auch der Prototyp aus Weißgold gefertigt wurde, da es aufgrund der Weichheit einfacher und damit für die Prototyp Kleinserie günstiger zu verarbeiten war als Stahl und der Schah auf dieselbe Ausführung bestand.
Regulär wurde das Weißgold Modell der Royal Oak 1977 eingeführt. Bis zum 30-jaehrigen Jubiläum 2002 hat AP mehr als 150.000 Royal Oaks verkauft.
Zifferblatt
Das Zifferblatt ist meines Erachtens ein Highlight jeder Royal Oak. Das Tapisserie Muster, auch Hufnagel Muster oder ‘Clous de Paris’ Guilloche Muster genannt, sucht in Aufwand ihresgleichen. Die Zifferblätter wurden seit 1972 vom Zifferblatt-Hersteller Stern Creations produziert. Im Jahr 2012 konnte sich Audemars Piguet Guilloche Maschinen aus Kanada und den USA sichern, womit die Zifferblatt Produktion nach 40 Jahren In-House erfolgt.
Beim Pantographen handelt es sich um ein mechanisches Präzisionsinstrument welche das Motiv einer Schablone kreisartig von außen nach innen abtastet und im Maßstab verkleinert auf einen Stichel überträgt, der das Muster in das Messing Zifferblatt graviert. Die Präzision ist dabei auf hundertstel Millimeter genau und die Herstellungsdauer beträgt je nach Muster zwischen 45 Minuten und einer Stunde (pro Zifferblatt)!
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