Der wunderschöne Hochleistungswagen wird voller Stolz aus einem piekfeinen versiegeltem italienischen Transporter am «Circuit de Lignières» , dem einzigen Schweizer Rundkurs auf dem TCS-Gelände in Lignières hoch über dem Bielersee im Kanton Neuenburg ausgeladen. Plus Testfahrer Mario, der uns zuerst die Vorzüge und Eigenheiten des Super Sports Utility Vehicle mit erhöhter Bodenfreiheit und charakteristischer Karosserieform nahebringt. Nach der Theorie geht es «in medias res» auf den 1350 Kilometer Rundkurs.

- Dynamikfläche mit Gleitbelag und mechanischen Hindernissen
- Dynamikfläche mit Gleitbelag in Kurve
- Offroad-Gelände für Trial-, Quad- und Geländewagentrainings
- Verwaltung, Theorieräume, Motorex-Bistro
- Event-Platz

Mit beeindruckend wenig Lenkbewegungen wirft Mario den reinen Verbrenner-Boliden um die Kurven (Dynamikfläche mit Gleitbelag in Kurve), bremst spät, aber entspannt die 2,2 Tonnen edelstes Material zusammen, um doch sehr früh mit leichtem Drift wieder aus den Ecken zu beschleunigen. Jetzt wir. «Du kannst auch gleich auf den Sportmodus gehen, da hast du etwas mehr Neutralität in der Lenkung, und die Schlupfregelung kommt etwas später», legt Mario nahe. Ich denke ich will erst einmal noch die Strecke kennenlernen, das mit dem Sport spare ich mir auf. Die 666 PS aus dem Vierliter-Biturbo-V8 wollen auch so erst einmal sinnvoll eingesetzt werden, was einigermassen ehrenvoll gelingt.

Ganz neu: der Lamborghini Urus SE. Entwicklungschef Rouven Mohr erklärt uns in einem Video Call: «Wir haben jetzt ein Auto, das sich in der Stadt und im Wohngebieten sehr leise elektrisch bewegen lässt. Gleichzeitig haben wir zusätzliche Leistung und eine deutlich bessere Beschleunigung durch die zusätzliche E-Maschine». Damit die zukünftigen Kunden diesen Leistungszuwachs auch spüren können, sei der SE auch noch mal deutlich sportlicher und heckbetonter abgestimmt worden. Mal sehen.

Plug-in-Hybride machen Sinn, gerade im urbanen Feld. Allerdings führen sie ja auch zu deutlichem Mehrgewicht. Die mit 25,9 kWh für 60 Kilometer reichende Batterie im Urus dürfte schon über 100 Kilo wiegen, plus E-Maschine, Controller, Kabel und Ladeanschluss. So gesehen kommen die 141 Mehr-kW im System sicher sehr gelegen. Dumpf bollert der Urus schon im Stand, deutlich kräftiger als der Vorgänger übrigens.


Die Instrumentalisierung und die neuen Menüs für das Mitteldisplay wirken wunderschön durchdacht, das Hexagon-Kacheldesign zieht sich in Hard- und Software durch den ganzen Innenraum. Sehr stimmig, sehr edel.

Schon die erste Gerade macht klar: Wenn der Urus SE irgendwo kein Problem hat, dann beim Thema Leistung. V8 plus E-Maschine ergeben 950 (!) Newtonmeter Drehmoment. Erschreckend brutal stürmt der High-Performance SUV mit dem Stier auf der Motorhaube über die 800-Meter-Zielgerade. Klar, die Batterie sollte dafür gut geladen sein, was man aber mit dem entsprechenden Fahrprogramm sicherstellen kann.

Und in Kurven? Da braucht es einen vorsichtig agierenden Gasfuss, denn die brachiale Kraft, mit der die E-Maschine zusätzlich schiebt, macht den Urus zur Heckschleuder. Alles sicher, denn dank Torque-Vectoring und dem elektronischen Hang-on-Differenzial hinten bleibt der Bolide auf Kurs, aber man hat schon das Gefühl, dass man einen gewaltigen Rutscher provozieren könnte. «Du musst auf Sport schalten, dann liegt er neutraler», rät Mario wieder. Stimmt, dafür geht es gefühlt noch etwas schneller um die Ecken. Macht mächtig Spass, nach ein paar Runden traut man sich auch, den teuren Urus bei den Hörnern zu packen und ihn mit feinem Übersteuern auf die Gerade rausdriften zu lassen.

Einziger Wermutstropfen: die Bremse. Die wirkt nicht ganz so definiert im Druckpunkt, gewöhnungsbedürftig weich im Vergleich. Ursache: Die Rekuperation über die E-Maschine wird beim Bremsen auch über das Pedal gesteuert. Das benötigt Weg, und so verschwimmt der hydraulische Druckpunkt etwas, vor allem im Zusammenspiel mit der elektrischen Bremswirkung. Dafür verzögern die riesigen Radbremsen den Urus SE stabil.
Alle freuen sich nach getaner Arbeit. Man trinkt einen schnellen Espresso, der Urus SE verschwindet wieder im Transporter. Grazie mille, Lamborghini, Grazie mille, Stephan Winkelmann!





TECHNISCHE SPEZIFIKATIONEN | LAMBORGHINI URUS SE |
KARROSERIE | Fünfsitziger SUV, L x B x H 5213 x 2022 x 1638 mm, Radstand 3003 mm, Kofferraum k. A. Leergewicht/Zuladung k. A. |
FAHRWERK | Doppelquerlenker/Luftfedern vorn und hinten, Keramikscheibenbremsen vorn und hinten, Reifen vorn 285/45 R 21, hinten 315/40 R 21 |
KRAFTÜBERTRAGUNG | Allradantrieb, Achtgang Automatikgetriebe |
MOTOR | Achtzylinder-V-Motor mit Abgasturbolader, Hubraum 3996 cm3, Leistung 456 kW (620 PS) bei 6000/min, max. Drehmoment 800 Nm bei 2250/min, Synchron-Elektromotor, Leistung 141 kW, Drehmoment 483 Nm, Systemleistung/Drehmoment 588 kW (800 PS/950 Nm, Lithium-Ionen-Batterie, Kapazität 25,9 kWh |
FAHRLEISTUNGEN | 0-100 km/h……………………………………………………………3,4 s |
0-200km/h…………………………………………………………..11,2 s | |
Höchstgeschwindigkeit 312 km/h | |
Gesamtverbrauch (WLTP)…………………………………………… | |
……………………………………….SP 2,1 l + 39,5 kWh/100 km | |
GRUNDPREIS | ca. 230’000 Euro |
FAZIT | Mit dem Plug-in-Hybrid fährt Lamborghini in eine umweltschonende Zukunft. Dafür gibt es einen gewaltigen Leistungsschub mit durchaus emotionalen Kicks. Dazu passt auch der heckbetonte Fahrwerkscharakter. |
SUMMERY_Die Autoindustrie setzt bei der E-Mobility nach wie vor auf Power und nicht auf hohe Reichweite, was sich der Kunde wünscht. Der Kunde hat weiterhin als Beifahrer die Reichweitenangst. Desweiteren lebt ein Lamborghini vom brüllenden Motorgeräusch, das ist die DNA der Marke Lamborghini. Ein geräuschloser Lambo ist für mich wie ein zahnloser Tiger.