Seit einem Vierteljahrhundert hat das Genfer Traditionshaus keine neue Uhrenserie präsentiert. Mit den rechteckigen „Cubitus“-Modellen positioniert man sich nun im Markt für sportliche Eleganz – und zeigt seine Innovationskraft bei Werken.
Thierry Stern: “Die Cubitus hat ihr eigenes Design, gehört aber unverkennbar zur Familie”. Quelle: Francis Wavre /Lundi 13
Seit Thierry Stern, der Eigentümer und Präsident der Manufaktur, über seine Pläne für eine neue Kollektion sprach, wurde dementsprechend viel über ebendiese spekuliert. Die Gerüchteküche brodelte schon seit langer Zeit, dass bei Patek Philippe etwas NEUES in der Pipeline sei. Wegen eines Leaks war allerdings alles schon bekannt, bevor die Uhr offiziell lanciert wurde. Tausende kritische Kommentare kursierten im Netz, bevor jemand die Uhr in echt gesehen hatte. Begleitet wurde alles noch mit einem Shitstorm.
Stahlmodell: Ref. 5821/1A-001, Dreizeigeruhr mit zentraler Sekunde, grünes Zifferblatt, Automatikkaliber 26-330 S C, Preis 35’000 CHF Quelle: Patek Philippe / JD Meyer
Im Münchner Bergson Kunstkraftwerk feierte am Donnerstag, 17. Oktober, die Patek-Philippe-Familie nun mit 600 illustren Gästen – darunter einige der wichtigsten Sammler des Hauses – die Weltpremiere der „Cubitus“, die dann doch alle überraschte. Eine quadratische Uhr mit acht Kanten. Ganz offensichtlich verwandt mit der berühmten Schwester “Nautilus”. Größer allerdings, flächiger, maskuliner, und dadurch dann doch sehr eigenständig und aus weiter Ferne zu erkennen.
Bi-Color Roségold/Stahl: Ref. 5821/1AR-001, Dreizeigeruhr mit zentraler Sekunde, blaues Zifferblatt, Automatikkaliber 26-330 S C, Preis: 52’000 CHF Quelle: Patek Philippe / JD Meyer
Mit insgesamt drei Varianten des Modells beginnt dieser neue Teil der Firmengeschichte: Als eine Art High-End-Basismodell fungiert die Referenz 5821/1A-001aus Edelstahl, mit olivgrünem Ziffernblatt im Sonnenschliff. Retro-Cool mit Vintage-Anleihen präsentiert sich die Referenz 5821/AR-001 als Bicolor-Modell in Stahl und Roségold. Das Zifferblatt ist hier tiefblau. Uhrmacherischer Höhepunkt aber ist eine Variante in Platin, mit augenblicklich springenden Anzeigen für das Großdatum, den Wochentag und die Mondphase: Die Referenz 5822P-001, mit einem blauen Band aus Kompositmaterial in Textiloptik. Für dieses Modell wurde das hauseigene Werk 240 PS zum neuen Kaliber 240 PS CI J LU ausgebaut. Sechs Patente, die das Energiemanagement für die Anzeigen und ihre gleichzeitigen Sprünge innerhalb von 18 Millisekunden betreffen, sind dafür zur Anmeldung.
“Bei der Entwicklung des Kaliber’s bin ich in engem Austausch mit unserem langjährigen Werkchef Philip Barat gewesen”.
“Die Cubitus ist ein Bruder der Nautilus und der Aquanaut, aber sie ist keine quadratische Nautilus, sondern sie hat eine eigene Identität”
Thierry Stern
Star der Kollektion: Platinmodell (in der Mitte): Ref. 5822P001, Grossdatum, Mondphase und Datum und Wochentag, die um Mitternacht augenblicklich und gleichzeitig springen, blaues Zifferblatt, Automatikkaliber 240 PS CI J LU, Preis: 75’000 CHF Quelle: Patek Philippe / JD Meyer
Bilder der besagten Platin-Referenz waren versehentlich schon einige Tage vor der Neu-Lancierung in einer Anzeige des US-Magazins Fortune zu sehen. Seitdem arbeitet sich die Uhren-Social-Media-Welt an der „Cubitus“ ab. Gerade die optische Nähe zur „Nautilus“ scheint zu provozieren. Manufaktur-Lenker Thierry Stern gibt sich dazu betont gelassen. Ja, selbstverständlich sei man bei Blatt, Band & Co. ganz nah an der berühmten Serie, aber diese Elemente seien nun einmal anerkanntermaßen extrem gut gemacht und populär. Andere Experimente hätten nicht annähernd so überzeugend gewirkt.
“Was für mich zählt, ist das Resultat. Und da bin ich für die Cubitus zuversichtlich, denn ich habe eine gute Nase und viele Profis um mich, die mir sagten, dass sie funktionieren wird”,
Thierry Stern
Diese neue Kollektion stellt Stern nun „Aquanaut“ und „Nautilus“ zur Seite, sie ergänzt die Kategorie der Edel-Sportmodelle. Der Präsident sehnte sich nämlich schon lange nach einer quadratischen Uhr, und nun sei die Zeit einfach reif gewesen. Vier Jahre Entwicklung stecken in dem Modell, am neuen Kaliber für die Platinvariante wurde sogar sechs Jahre gearbeitet.
„Unsere Aufgabe ist es, Patek Philippe immer lebendig zu präsentieren. Wir müssen uns den Kunden und ihren Wünschen anpassen. Es ist Teil der Unternehmens-DNA und Teil meiner Aufgabe als Präsident unsere Uhrenfamilie wachsen zu lassen.“
Thierry Stern
Trotz quadratischem Format und üppigen 45 Millimeter Durchmesser trägt sich die „Cubitus“ auch an schmaleren Handgelenken noch relativ gut. Durch ihre Größe haben die Uhren allerdings eine hohe Präsenz am Handgelenk, gerade die Stahl-Version zieht die Blicke unweigerlich auf sich. Es ist also davon auszugehen, dass die Uhr auch bei jenen Sammlern ankommt, denen andere Modelle des Hauses vielleicht nicht auffällig genug waren.
War im Vorfeld spekuliert worden, dass die Genfer mit der neuen Familie den Einstieg in die Manufaktur-Welt etwas erschwinglicher zu machen, so sprechen die Preise eine andere Sprache. Für die Stahl-„Cubitus“ werden bereits 40.557 Euro in Rechnung gestellt. Zum Vergleich: Eine „Aquanaut“ mit Stahlarmband, Ref. 5167/1A, kostet aktuell 27.810 Euro. Die Bi-Color-Variante hat einen Verkaufspreis von 60.257 Euro – und in Platin kostet die Uhr 80.908 Euro.
“Das ist für Patek ein räsonabler Preis. Die Bi-Color Ausführung kostet 52’000 und die aus Platin 75’000 CHF. Sie hat ein kompliziertes Kaliber mit 104 zusätzlichen Komponenten, und es steckt enorm viel Arbeit in der Verarbeitung des Gehäuses”.
Thierry Stern
Bereits in der kommenden Woche sollen die ersten Uhren an die Konzessionäre gehen, von denen es in Deutschland aktuell 24 gibt. Dem Vernehmen nach sollen im ersten Jahr mehrere tausend Exemplare der Cubitus produziert werden. Bei einer geschätzten Jahresproduktion von gut 72.000 Uhren, die sich auf einen Katalog von 140 verschiedenen Modellen verteilt, sind die Erwartungen an das neue Familienmitglied also hoch.
Vorbestellungen gibt es dann wohl auch schon zahlreich. Und egal, wie kontrovers die „Cubitus“ in der anonymen Social-Media-Welt auch besprochen werden mag: Die souveräne Gelassenheit mit der Thierry Stern und seine Mitarbeiter die Serie in München präsentieren, ist beeindruckend. Er selbst habe vor einem Vierteljahrhundert beobachten können, wie sein Vater Philippe die „Twenty-4“ der Weltöffentlichkeit präsentierte – damals noch im Hintergrund.
“Ich selbst habe gerade einmal die Lancierung von drei neuen Kollektionen erlebt, von der Aquanaut, der Twenty-4 und heute die Cubitus”.
Thierry Stern
Nun sei er an der Reihe, das Team habe seine Hausaufgaben gemacht, und das Vertrauen in das Produkt groß. Brüder, Schwestern und Cousins für die neue Kollektion stünden natürlich auch schon bereit – in der Planung sei man schon im Jahr 2039 angelangt. Denn bei Patek Philippe denkt man bekanntlich nicht von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr, sondern in Generationen.
“Andere Marken wie zum Beispiel Audemars Piguet, die haben mehr oder weniger nur die Royal Oak, die ist top, aber für sie ist es sehr schwierig, weil sie nicht viel anderes haben. Und davor hat mich mein Vater immer gewarnt. Er hat immer gesagt, “Du musst von allem etwas entwickeln”. Und das ist die Stärke von Patek”.
Thierry Stern
SUMMARY_Die Neulancierung der “Cubitus” war ein kluger Schachzug vom Patek Philippe Patron, Thierry Stern. Der RUN auf die Modelle der „Aquanaut“ und der „Nautilus“ wurde praktisch mit der Einführung der “Cubitus” ausgebremst. Das ist Marketing, das ist Königs-Disziplin. Chapeau Thierry Stern!
Nuber ist langjähriger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV.
Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.