Auf der Watches & Wonders 2024 in Genf brach Piaget mit der neuen Altiplano Ultimate Concept einen Weltrekord.
Das Rennen rund um die flachste Uhr der Welt geht weiter, während Bulgari derzeit wieder die Rangliste in der Bauhöhe anführt, hat Piaget noch eine Komplikation draufgelegt und sprengt mit der flachsten Tourbillon-Uhr die Grenzen der Uhrmacherkunst.
Piaget, der umstrittene König der ultraflachen Uhren
Doch schauen wir uns zunächst ein wenig die Unternehmenshistorie an, bevor wir uns die neue Uhr im Detail anschauen. Piaget feiert dieses Jahr 150-jähriges Jubiläum und das möchte die Maison selbstverständlich gebührend feiern. Und dafür setzt die Schweizer Marke auf Raffinesse: “Piaget ist mit der Altiplano, einer wunderschönen Uhr, die Referenz für Flachheit”, sagte uns kürzlich Farbrizio Buonamassa, Direktor für Uhrenkreationen beim Konkurrenten Bulgari.
Die Geschichte der ultraflachen Uhr begann im Jahr 1957 mit der Entwicklung des P9, einem mechanischen Uhrwerk mit Handaufzug und einem Durchmesser von … 9 Linien. Damals waren Linien noch das gängige Maß der Uhrmacherei, 9 Linien entsprechen 20,5 mm. Eine Messzahl, die nicht weiter ungewöhnlich ist. Dafür aber die Höhe von nur 2 mm. Anfang der 60er-Jahre folgte dann das Kaliber P12, ein automatisches Uhrwerk mit einem Durchmesser von 12,5 Linien (28,1 mm) und nur 2,3 mm an Höhe. Ein Rekord in Sachen Feinheit von automatischen Uhrwerken. Es war der Startschuss für eine Reihe an Rekorden: dünnste Uhr mit skelettiertem Zifferblatt in 1976; dünnste Automatikuhr im Jahr 2010 mit 5,25 mm Höhe der gesamten Uhr; dann mit der Altiplano Ultimate Automatic in 2019 erneut mit einer Höhe von 4,3 mm und schließlich folgte im Jahr 2020 der Aiguille d’Or beim Grand Prix d’Horlogerie – sozusagen der Oscar für die beste Uhr der Branche. Zwischenzeitlich wurden die Rekorde dann auch von anderen Marken wieder gebrochen, wie etwa von der Bulgari Octo Finissimo – dieses Jahr zum zweiten Mal. Auch Richard Mille war mit dem Modell Ferrari RM-UP 01 im Jahr 2022 und dessen Höhe von 1,9 mm kurz an der Spitze. Doch trotz all dieser Hürden ist und bleibt Piaget dennoch Meister des ultraflachen Designs. Die neueste Altiplano Ultimate Concept Tourbillon beweist dies mit Bravour.
Das Zifferblatt ist genauso einzigartig wie die Flachheit der Uhr
Die Rückseite der rekordbrechenden Tourbillon-Uhr. © Piaget
Kommen wir jetzt also zur heutigen Uhr. Das Gehäuse des Zeitmessers hat einen Durchmesser von 41,5 mm und glänzt dank einer Kobaltlegierung mit blauer PVD-Beschichtung. Mit einer Wasserdichtigkeit von bis zu 20 Metern ist das Wunderstück der Uhrmacherei zudem auch äußerst robust. Rekordbrechend ist die Gehäusehöhe der Tourbillon von nur 2 mm. Noch bewundernswerter als die Feinheit der Konstruktion ist allerdings das Zifferblatt. Wie bei den vorherigen Alitplano Ultimate Concept Modellen erfolgt auch bei diesem die Zeitangabe in Form eines kleinen Hilfszifferblattes, das sich leicht dezentriert zwischen 12 und 2 Uhr befindet.
Doch die Frage aller Fragen ist: Wie lässt sich ein Tourbillon, das übrigens bei 10 Uhr liegt, in einer 2 mm dicken Uhr unterbringen? Die Marke, die diesen Tourbillon in der Manufaktur in La Côte-aux-Fées und in Genf hergestellt hat, lautet wie folgt: “Bleistift und Papier, Gedächtnis und Kultur, Aufgeschlossenheit und uhrmacherische Expertise.” Sie setzten all ihre Talente ein. Dieser Prozess basierte auf einem Entwicklungsansatz, den Piaget seit jeher anwendet. Dabei werden Ideen ausprobiert und getestet, um die Ideen dann zu verwerfen oder zu behalten – und ein unermüdliches von vorne anfangen. So erhielt die Altiplano Ultimate Concept Tourbillon nach mehr als 70 Versionen des Käfigs, 15 Versionen des Ankers und 30 Versionen des Gehäuserahmens ihre endgültige Struktur.
Die Altiplano Ultimate Concept Tourbillon ist ein Zeitmesser, der Geschichte schreibt
Für die Entwicklung nutzte Piaget selbstverständlich das bereits vorhandene Savoir-Faire im Bereich der ultraflachen Technologie. Maßgebend für den Designprozess war das Tourbillonkaliber 670P mit einer Höhe von 4,6 mm, das in ein 7,35-mm-Gehäuse passt. Das “fliegende” Tourbillon dieses Kaliber brauchte bloß eine Höhe von 1,49 mm. Da es keine obere Brücke hat, wird es nur von seiner Unterseite gehalten. Doch auch wenn die Manufaktur aus La Côte-aux-Fées hier und da ein paar Hundertstel Millimeter entfernen konnte, funktionierte es mit diesem Kaliber am Ende doch nicht. Piaget blieb nicht anderes übrig: Die Marke musste das Tourbillon völlig neu konzipieren.
“Die Altiplano Ultimate Concept Tourbillon ist ein ringförmiges Tourbillon”, erklärt Piaget. “Sein äußerer Rand wird von einem Keramikkugellager gehalten, das die einminütige Drehung antreibt. Sie besteht hauptsächlich aus Titan und, wo möglich, aus Stahl.” Zusätzlich wurde das Saphirglas um 0,20 mm auf der Oberseite und 0,16 mm auf der Unterseite verdünnt und irgendwann funktionierte dann diese Meisterleistung einer Uhr. Das einzige Manko dieser hauchdünnen Uhr ist ihre Gangreserve von nur 35 Stunden.
Die Weltrekord-Uhr kann man auch kaufen – doch sie hat ihren Preis
Piaget hat der italienischen Marke Bulgari, die dieses Jahr ihren 140-jährigen Geburtstag feiert, allerdings nicht zu sehr auf die Füße treten wollen. Auch wenn die neue Altiplano Ultimate Concept der Octo Finissimo Tourbillon Automatiqe aus dem Jahre 2018 den Rekord weggeschnappt hat, hing Piaget diesen Fakt bei der Watches and Wonders 2024 nicht an die große Glocke. Doch die Zahlen sprechen für sich: Bei Bulgari maß das Uhrwerk eine Höhe von 1,95 mm und das Gehäuse in seiner Gesamtheit 3,95 mm. Jetzt, 6 Jahre später, sind die Maße bei Piaget deutlich geringer. Innen ist das Kaliber 970p-UC verbaut, mit einer Gangreserve von rund 40 Stunden. Das Uhrwerk ist 1,49 mm hoch und die Uhr insgesamt bloß 2 mm – Zahlen, die unglaublich scheinen. Trotz des Faktes, dass die französische Maison den Weltrekord in Genf nicht groß zelebrierte, ist die Freude intern natürlich enorm und der Stolz – zu Recht – definitiv vorhanden. Mit der Altiplano Ultimate Concept schreibt Piaget Geschichte. Und die kann man käuflich erwerben, allerdings für einen satten Preis von 650.000 Euro.
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