Marcel Speiser, ewiger stellvertretender Chefredakteur der Handelszeitung (Nachfolger von Markus Köchli) – vor Jahren noch völlig unbekannt in der Uhren-Community – mischt im Uhrenjournalismus mit und zeigt sich als “bezahlter” Stimmungsmacher der Uhrenbranche. Seine Nähe zum umstrittenen Journalisten-Syndikat WWMG (Gisbert L. Brunner, Alexander Linz, Gregory Pons und Konsorten) ist unbestritten. Er faselt von einer “Neuordnung” der Uhrenbranche und meint damit einen “Primeur” wiederum lanciert zu haben. Was ist wirklich dahinter?
Und ausgerechnet der kleinste im führenden Uhren-Quartett, der französische Luxusgüterkonzern LVMH, sorgt für Unruhe und das womögliche Schmieden einer Allianz der anderen drei Großen gegen Bernard Arnault, CEO, Vorstandsvorsitzender, Mehrheitsaktionär und Patron der Familie Arnault. Der sagt von sich selbst, dass er es immer geliebt habe, „die Nummer eins zu sein“.
Laut Handelszeitung arbeitet er intensiver denn je daran, in der Hackordnung der Luxusuhrenindustrie nach ganz oben zu kommen.
Zwei offen kommunizierte Ereignisse haben in letzter Zeit aufhorchen lassen. Zum einen die Übernahme des Schweizer Unternehmens Swiza mit der Uhrenmarke L’Epée 1839 durch LVMH, wodurch der Konzern seine Präsenz in der Uhrensparte ausbaut, vor allem aber Kompetenz in der Haute Horlogerie erworben hat.
Zum anderen hatte Bernard Arnault die Chuzpe, Aktien des Mitbewerbers Richemont zu erwerben. Auch wenn die Beteiligung nur gering und vermeintlich rein privat ist, zeigt es doch, dass der LVMH-Chef an der Zementierung eines Status quo wenig interessiert ist.
Dies hat vermutlich auch damit zu tun, dass „der Wolf in Kaschmir“ – eines Tages – seinen zahlreichen Kindern ein top aufgestelltes Unternehmen übergeben will. Im Uhrenbereich sind seine Söhne Frédéric und Jean bereits in Schlüsselpositionen installiert. Frédéric Arnault leitet seit Anfang des Jahres die Uhrendivision des Konzerns, während Jean Arnault CEO von Louis Vuitton Watches ist.
Mit Alexandre Arnault (Executive Vice President, Product and Communications bei der Juwelierkette Tiffany), Antoine Arnault (CEO von Berluti) und Tochter Delphine Arnault (Vizepräsidentin von Louis Vuitton) ist das Familienimperium bestens aufgestellt.
Sowohl den Erwerb von L’Epée 1839 als auch den Erwerb der Richemont-Aktien deutet als „Zeichen für einen imminenten Aufbruch, als Ankündigung einer neuen Zeit.“
Und diese könnte seiner Meinung nach bereits in diesem Jahr beginnen. Denn die Gerüchteküche besagt, dass Arnault noch ein anderes heißes Eisen im Feuer hat. Und zwar die Sandoz-Stiftung. Im Frühjahr heizte unter anderem die französischsprachige Schweizer Zeitung Le Temps das Gerücht an und berichtet, dass die Sandoz Stiftung plane, ihre Uhrensparte, die sich nach jahrzehntelangen Investitionen zu einer High-End-Plattform entwickelt hat, zum Verkauf anzubieten.
Dieser sogenannte Pôle-Horloger umfasst so lukrative Unternehmen wie den Uhrwerkeentwickler und -hersteller Vaucher Manufacture Fleurier, die Uhrenmarke Parmigiani Fleurier sowie Hersteller von Zifferblättern, Gehäusen, Spezialwerkzeugen … kurzum alles, „was viele edle Marken benötigen, aber nicht selber können. Kurz: Das uhrmacherische Know-how, das in den Sandoz-Firmen steckt, ist einzigartig und im Kern unbezahlbar“, so Speiser.
Le Temps schrieb: „Und da führende Marken – darunter Hermès, Patek Philippe, Chopard, Audemars Piguet und Richard Mille – Positionen als strategische Partner, Anteilseigner oder Schlüsselkunden dieser Sparte bekleiden, sorgt die Aussicht auf einen Verkauf für großes Interesse.“
Und so formiert sich in Genf angeblich eine neue Allianz gegen Arnault, die von dem sogenannten „Clan der Patrizier“ angeführt wird, wie das Branchenportal Business Montres berichtet. Clanmitglieder seien Rolex, Patek Philippe und Chopard sowie Chanel und Hermès in Paris.
Gérard Wertheimer, Mitinhaber von Chanel, lebt in Genf und pflegt einen guten Kontakt zu den Familien Stern von Patek Philippe und Scheufele von Chopard. Chopard und Patek Philippe wiederum sind Aktionäre bei den Sandoz-Unternehmen Atokalpa und Elwin. Und Hermès besitzt einen 25-prozentigen Anteil an Vaucher Manufacture Fleurier. Zudem hat Bernard Arnault vor rund 15 Jahren versucht , Hermès heimlich zu übernehmen. Firmenchef Alex Dumas habe ihm das bislang nicht verziehen.
Klar ist, die Zusammenarbeit vieler Schweizer Top-Uhrenmarken mit dem Pôle-Horloger würde sich nach einer LVMH-Übernahme sicher „anders“ gestalten. „Rolex schließlich tut mit der Hans-Wilsdorf-Stiftung im Hintergrund alles, was nötig ist, um die Uhrentradition in Genf zu bewahren und hochzuhalten“, meint die Handelszeitung und berichtet weiter, dass das Verkaufsmandat der Sandoz-Stiftung beim Beratungsunternehmen Deloitte liege.
„Zu hören ist, dass die Stiftung eine Schweizer Lösung favorisieren würde. Das spielt dem ‚Clan der Patrizier‘ natürlich in die Hände.“ Denkbar wäre die Gründung einer neuen Stiftung, die den Pôle-Horloger übernehmen würde.
Andererseits mangelt es Bernard Arnault als vermögendstem Mann Europas (und manchmal auch der Welt) nicht an Finanzkraft, die es ihm ermöglichen könnte, ein Angebot zu machen, dass die Sandoz-Stiftung nicht ausschlagen könnte – auch vor dem Hintergrund, dass sie in den vergangenen Jahren mit dem Pôle-Horloger rund eine Milliarde CHF verloren hat.
Die Handelszeitung zitiert dazu den Manager einer großen Uhrenmarke: „Wir sehen die Leute von LVMH derzeit so häufig in der Schweiz, dass etwas eindeutig ist: Sie sind dabei, zu attackieren.“
Das Branchenportal hat gar einen „Watch War“ für diesen Sommer angekündigt.
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