Dienstag , 28 Oktober 2025
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Von «Piraten», «Guerillakrieg», Rolex, Watches & Wonders und Co..»

«Die Veranstaltung präsentierte eine Branche, die durch den gemeinsamen Antrieb geeint ist, Exzellenz und Savoir-faire zu teilen.» So der Tenor der Organisatoren von Watches & Wonders in Genf. Diese offizielle Linie steht jedoch im Widerspruch zu den Aussagen, die Jean-Frédéric Dufour in seiner Funktion als Präsident der Watches & Wonders Foundation vor der Veranstaltung abgegeben hat. Der CEO von Rolex vermittelte in einem Interview mit der NZZ den Eindruck einer Branche, die alles andere als geeint ist.

54 Aussteller standen während der Watches & Wonders auf dem Genfer Messegelände Palexpo Seite an Seite, sozusagen als Hüter und Cheerleader der Schweizer Uhrenindustrie. Sogar die deutschen, japanischen, niederländischen, belgischen und britischen Marken stimmten in die Fangesänge ein.

Aber der Vorsitzende der Swatch Group, Nick Hayek Jr., ist kein Anhänger dieser Uhren-Liga. In dem Watches-&-Wonders-Interview mit der NZZ gab Dufour bekannt, dass er Herrn Hayek und andere Mitglieder seiner Familie besucht hätte, um die Marken der Swatch Group bei der diesjährigen Veranstaltung zu sehen. Sein Vorstoß wurde abgelehnt. Auf die Frage nach dem Grund antwortete er: «Keine Ahnung, ich sehe nicht in den Kopf von Herrn Hayek.» Aber Nick Hayek habe ihm gesagt, dass dieser keine Zeit mit Ausstellungen verschwenden wolle.

Nachdem Jean-Frédéric Dufour in dem Interview Details zu dem Gespräch zwischen den beiden Wirtschaftsführern preisgegeben hatte, richtete er sein Augenmerk auf die Uhrenmarken, die während der Watches & Wonders in Hotelsuiten, Boutiquen und anderen Räumlichkeiten in Genf ausstellen. «Wir nennen sie Piraten. Aber das geht in Ordnung …», so Dufour.

Ich verbrachte ein paar Tage bei den Piraten und sie interpretierten die «Beleidigung» als Auszeichnung. Im Beau Rivage, wo sich 50 der Indies versammelten, herrschte reges Treiben. Bei einer Ausstellung der Uhrmachermeister von AHCI herrschte hingegen eher ein ehrfurchtsvolles Summen.

Es waren nicht nur kleinere Unabhängige, die sich am See versammelten. Bulgari, Gucci, Bovet, Jacob & Co waren auch dabei. Sogar Carl F. Bucherer, bald im Besitz von Rolex, präsentierte sich in der Innenstadt.

An anderer Stelle in Dufours Interview spricht er über die Fragilität der Schweizer Uhrenindustrie und darüber, dass kein Unternehmen, so mächtig es auch sein mag, davon ausgehen sollte, dass es den Kampf um die Handgelenke vermögender Leute auf ewig gewinnen wird.

Als Präsident der Watches & Wonders Foundation wäre er gut beraten, über die Fragilität globaler Messen nachzudenken, insbesondere seit Rolex den letzten Nagel in den Sarg der Baselworld gesetzt hat, als man nach Genf umsiedelte.

Es war richtig, sich an die Swatch Group zu wenden, wenn das Ziel von Watches & Wonders darin besteht, die kollektive Stärke der Schweizer Uhrenindustrie zu präsentieren, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass die öffentliche Diskussion über dieses Treffen Herrn Hayek einem Beitritt näher gebracht hat.

Und es war bizarr, über 100 Uhrenmarken, die im Zentrum von Genf ausstellten, als Piraten zu beleidigen, so harmlos es auch klingt. Ich als Engländer musste überprüfen, ob die Worte von Dufour nicht falsch übersetzt oder falsch interpretiert worden waren, aber ein Rolex-Sprecher sagte, das Unternehmen stehe zu dem, was gesagt wurde.

Meine Woche, die ich größtenteils auf der Watches & Wonders verbrachte, wurde durch die Marken in der Stadt bereichert. Sie haben einen Weg gefunden, Teil einer stadtweiten Feier der Uhrmacherkunst zu sein, die sie finanziell nicht beeinträchtigt, während sie der Welt ihre Geschichten erzählen.

Es ist – und sollte es auch bleiben – prestigeträchtiger, an dem Haupt-Event teilzunehmen, und ich würde gerne einige Marken der Swatch Group zusammen mit anderen namhaften Abwesenden wie Bulgari und Breitling ebenfalls dort sehen.

Eine Beschränkung auf rund 100 Marken im Palexpo würde eine breitere Basis an Uhrenmarken schaffen und wahrscheinlich von Jahr zu Jahr zu mehr Vielfalt führen.

Der Guerillakrieg vom Zentrum Genfs aus sollte fortgesetzt werden. Es erweckt die ganze Stadt zum Leben, ermutigt Journalisten und Einzelhändler, auf der Suche nach dem «nächsten großen Ding» frische Luft rund um den See zu schnuppern, und ist eine Herausforderung für Watches & Wonders, die nur gut für die Zukunft der Schweizer Uhrenindustrie sein kann.

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About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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