Die «bonne société» – die feine Genfer Gesellschaft – rächt sich an den «Ploucs» – den ungehobelten Rüpeln aus Basel. Bereits vor dreissig Jahren zeichnete sich die schwindende Loyalität der Genfer zur Stadt Basel durch die Gründung des Genfer Uhren-Salons SIHH ab. Jetzt wurde diese definitiv gebrochen. Die Scherben der Baselworld sind nicht mehr zu kitten.
Zwischen den Romands und den Deutschschweizern bestehen gravierende kulturelle Unterschiede. Die Baselworld-Verantwortlichen und ihr Umfeld agierten nicht wie einer international ausgerichteten Luxusmesse würdige Gastgeber, die sich ihre hohen Standards entsprechenden Service gut bezahlen lassen dürfen, sondern verhielten sich wie arrogante Landlords die ihre überschätzte Macht schamlos ausnutzten. Selbst nach dem Auszug der Swatch-Group hatten sie ihre Abhängigkeit vom Goodwill der relevanten Uhrenmarken nicht begriffen. Nun bekommen sie die Quittung aus der Westschweiz und den dort beheimateten Marken.
Das provinzielle Basel war nie in gleichem Ausmass prädestiniert für die Austragung einer Luxusuhrenmesse wie das international ausgerichtete Genf. Dies war auch der Grund weshalb sich die Luxus-Uhrenmarken der Richemont Gruppe vor dreissig Jahren vom ländlich orientierten Basel nach dem feinen frankophilen Genf abgespalten haben. Die anspruchsvollen Romands – die Vertreter der Weltmarken – fühlten sich in Basel nicht gut aufgehoben. Das in Basel tief verwurzelte und provinziell anmutende Zunftdenken verhinderte eine Entwicklung zur Luxusstadt. Anstatt neue 5-Sterne-Hotels zu bauen, verfünffachen hohem Luxus unwürdige Hotels während der Baselworld lieber ihre Preise. Der mit den Lokalpolitikern und Anvertrauten bestückte Messe-Verwaltungsrat deckte dieses Gebahren.
Ich kann mich noch gut erinnern, was der damaligen SIHH Initiant und Ex-Cartier Chef Alain-Dominique Perrin 1990 zu mir sagte: «Ich vermisse in Basel das Savoir-faire, Basel ist eine Bratwurst und Bier Messe, der Bratwurst- und Bier-Geruch ruft Ekel in mir hervor, unserer Luxus-Produkte benötigen ein kongeniales Umfeld Champagner und Caviar».
Genf hatte es mit dem neuen Messeformat SIHH, heute watches & wonders verstanden, die Bedürfnisse der Marken umzusetzen und die Marken zu pampern und zu bespassen. Diese Kombination kam auch bei den Gästen und den Medienvertretern bestens an, denn für beide hatte die watches & wonders Plattformen bereit gestellt. Eine win-win Situation für Aussteller und Besucher würde man heute sagen.
Genf wird alles daran setzen, dass es so bleibt. Nach 30 Jahren Ex-SIHH und heute watches & wonders – ich war von Beginn dabei – kann ich mir dieses Urteil erlauben.
Basel hingegen ist geographisch der bessere Standort, es liegt im Herzen Europas und ist rasch erreichbar. Zur Erinnerung: Die Baslerische Uhrmacherei besass zwischen 1650 und 1750 eine weite Ausstrahlung und eine hervorragende Reputation. Ihre Bedeutung ging jedoch unter dem Zwang zünftigen Krämergeistes in dem Augenblick auf die lokale Ebene zurück, als sich andernorts, vor allem im Welschland, die Uhrmacherei zu einem blühenden Industriezweig entwickelte.